23.11.2024
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Verwaltungsgericht Braunschweig Urteil24.02.2006

Ansprüche von Schei­dungs­kindern bei der Schüler­be­för­derung gerichtlich gestärktLandkreise und Städte müssen bei Schüler­transport wechselnde Wohnungen der Kinder berücksichtigen

Ein Anspruch auf Schüler­be­för­derung besteht nicht nur für den Weg zwischen der Schule und einer überwiegend genutzten Unterkunft, sondern auch für den Schulweg zu einer nur gelegentlich genutzten Wohnung. Kinder, die wechselnd bei ihren geschiedenen Eltern leben, können daher verlangen, dass die Schüler­be­för­derung für den Weg zu demjenigen Elternteil übernommen wird, bei dem sie gerade wohnen. Dies hat die 6. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts entschieden.

Das Gericht hat damit einem geschiedenen Vater aus dem Landkreis Wolfenbüttel Recht gegeben, dem die Behörde die Übernahme der Kosten für den Transport seiner beiden hörgeschädigten Kinder zur Schule nach Braunschweig verweigert hatte.

In Niedersachsen sind die Landkreise und kreisfreien Städte Träger der Schüler­be­för­derung: Sie sind verpflichtet, die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 10 unter den im Schulgesetz und den Beför­de­rungs­sat­zungen der Kommunen näher geregelten Voraussetzungen zur Schule zu befördern. Statt die Schüler­be­för­derung selbst zu übernehmen, dürfen sie den Eltern die dafür notwendigen Aufwendungen (also z. B. die Kosten für eine Busfahrkarte) erstatten. In dem Verfahren ging es um die Frage, welcher Ort als Wohnung eines Schei­dungs­kindes anzusehen ist, wenn sich das Kind wechselweise bei beiden Elternteilen aufhält.

Der Antragsteller ist Vater zweier Kinder im Alter von 10 und 8 Jahren, die in Braunschweig zur Schule gehen. Die Eltern der Kinder sind geschieden. Die Kinder wohnen nach Absprache der Eltern, denen das Sorgerecht gemeinsam zusteht, überwiegend bei ihrer Mutter in Braunschweig, gelegentlich aber auch bei ihrem Vater im Landkreis Wolfenbüttel. Der Landkreis lehnte den Antrag des Vaters ab, die Kosten für den Schüler­transport zwischen seiner Wohnung und der Schule für den Fall zu übernehmen, dass sich die Kinder bei ihm aufhalten. Die Behörde vertrat die Ansicht, ein Anspruch auf Schüler­be­för­derung bestehe nur für den Weg zwischen der Schule und der Hauptwohnung der Kinder in Braunschweig; eine andere Lösung sei unpraktikabel.

Diese Rechts­auf­fassung des Landkreises ist nach der Entscheidung des Gerichts nicht mit dem Nieder­säch­sischen Schulgesetz vereinbar. Die Richter weisen darauf hin, dass das Gesetz Kindern einen Beför­de­rungs­an­spruch von und zu ihrer "Wohnung" einräumt. Erfasst seien daher auch diejenigen Wohnungen, die von den Kindern nur gelegentlich genutzt werden. Das Schulgesetz wolle die Chancen­gleichheit im Bildungsbereich sichern und solle daher verhindern, dass der Schulbesuch aus finanziellen Gründen erschwert werde. Deshalb entstehe der Beför­de­rungs­an­spruch für den Weg zwischen der Schule und dem jeweiligen tatsächlichen Wohnort der Kinder. Die Rechts­auf­fassung des Landkreises enge die Dispo­si­ti­o­ns­freiheit der getrennt lebenden Eltern ein und sei daher mit der Entscheidung des Gesetzgebers für ein gemeinsames Sorgerecht nicht vereinbar.

Quelle: Pressemitteilung des VG Braunschweig vom 07.03.2006

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