23.11.2024
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Dokument-Nr. 1297

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Verwaltungsgericht Braunschweig Urteil16.11.2005

Verwal­tungs­gericht verurteilt Abgeordnete zur Zahlung

Das Verwal­tungs­gericht Braunschweig hat nach einer mündlichen Verhandlung entschieden, dass die Landtags-Abgeordneten Viereck und Wendhausen über mehrere Jahre verbotene Gehalts­zah­lungen von der Volkswagen AG erhalten haben.

Die 1. Kammer hat die Abgeordneten daher verurteilt, einen Betrag von insgesamt rund 766.400 Euro plus Zinsen an das Land Niedersachsen abzuführen. Damit hat sie der Klage des Landes Niedersachsen gegen die Abgeordneten in vollem Umfang stattgegeben.

Die mündliche Urteils­be­gründung enthält 2 Kernaussagen von allgemeiner Bedeutung:

1. Das Nieder­säch­sische Abgeord­ne­ten­gesetz verbietet es Abgeordneten in aller Regel, sich von Unternehmen bezahlen zu lassen, ohne dafür eine entsprechende Arbeitsleistung zu erbringen. In diesen Fällen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass in der Erwartung gezahlt wurde, der Abgeordnete werde die Interessen des Unternehmens im Parlament vertreten. Solche Zahlungen verbietet das Gesetz, um die Unabhängigkeit der Abgeordneten zu sichern.

2. Zahlungen eines Unternehmens, für die der Abgeordnete keine entsprechende Arbeitsleistung erbringt, sind nur ganz ausnahmsweise erlaubt: Der Abgeordnete muss dazu nachweisen, dass das Unternehmen ausschließlich andere Motive verfolgt hat als die Beeinflussung der parla­men­ta­rischen Arbeit.

Nach diesen beiden Grundsätzen waren die Zahlungen von VW an die beiden Abgeordneten gesetzlich verboten: Die Abgeordneten haben für die Zahlungen keine entsprechende Arbeitsleistung erbracht. Sie haben im gerichtlichen Verfahren auch nicht nachweisen können, dass VW mit den Zahlungen ganz andere Ziele verfolgt hat als sich die Lobbyarbeit der Abgeordneten im Parlament zu sichern. Den erforderlichen Nachweis haben die Abgeordneten insbesondere nicht durch die Aussage des ehemaligen Perso­na­l­vor­standes der Volkswagen AG erbringen können, den das Gericht in der Verhandlung als Zeugen angehört hat.

Das Gericht brauchte nicht zu entscheiden, ob die beiden Abgeordneten im Landtag tatsächlich Lobbyarbeit für die Volkswagen AG geleistet haben. Dies ist nach den Vorschriften des Abgeord­ne­ten­ge­setzes für den Abfüh­rungs­an­spruch des Landes nicht erforderlich. Das Gericht hat auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die maßgeblichen Vorschriften des Nieder­säch­sischen Abgeord­ne­ten­ge­setzes verfas­sungs­widrig sind. Der Auffassung der Abgeordneten, die Regelungen verstießen u. a. gegen die Abgeord­ne­ten­rechte sowie den Grundsatz der Gleich­be­handlung und seien nicht hinreichend bestimmt, ist die Kammer nicht gefolgt.

Damit hat erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Gericht entschieden, dass Abgeordnete von einem Unternehmen verbotene Zahlungen erhalten haben und dieses Geld nicht behalten dürfen.

Wegen der besonderen Bedeutung des Verfahrens hat die Kammer die Berufung zum Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­gericht in Lüneburg zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des VG Braunschweig vom 16.11.2005

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