Dokument-Nr. 9771
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss04.06.2010
Verlegung des Prüfungsortes für zweites juristisches Staatsexamen zulässigZeitaufwändigere Anreise zum Prüfungsort gehören zu allgemeinen Lebensumständen ohne Prüfungsbezug
Werden die Klausuren für das Zweite Juristische Staatsexamen wegen Bauarbeiten am eigentlichen Prüfungsort in einen anderen Stadtteil verlegt, ist dieser Ortswechsel einem Prüfling auch dann zumutbar, wenn die Anreise zum Prüfungsort dadurch zeitaufwändiger wird. Dies entschied das Verwaltungsgericht Berlin.
Im zugrunde liegenden Fall können aufgrund umfangreicher Sanierungsmaßnahmen im Gebäude der Senatsverwaltung für Justiz in der Salzburger Str. 21-25 schriftliche Prüfungen derzeit nicht in den Räumen des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes (GJPA) erfolgen. Um die Kandidaten nicht mit Baulärm zu belasten und damit angemessene Prüfungsbedingungen sicherzustellen, mietete das GJPA externe Räume für die Klausurenkampagne an. Diese befinden sich beim Polizeiabschnitt 62 in Berlin-Marzahn und in einem Dienstgebäude des Landes am Fehrbelliner Platz.
Prüfling sieht sich in Chancengleichheit beeinträchtigt
Der Antragsteller hatte gegen die Zuweisung nach Marzahn eingewandt, die Entfernung zwischen seinem Wohnort in Berlin-Lichterfelde und dem Prüfungsort sei zu weit und beeinträchtige daher seine Chancengleichheit.
75-minütige Anfahrtszeit steht "bestmöglichen Prüfungsergebnissen" nicht im Wege
Das Verwaltungsgericht Berlin sah demgegenüber keinen Verstoß gegen diesen Grundsatz. Unterschiedliche Prüfungsbedingungen seien prüfungsrechtlich erst dann beachtlich, wenn und soweit sie die Leistungsfähigkeit eines durchschnittlich belastbaren Prüflings in der Prüfung nachteilig beeinflussen könnten und dieser damit benachteiligt sei. Ob ein Prüfling nahe am Prüfungsort wohne oder - gegebenenfalls auch zeitaufwändiger - anreisen müsse, gehöre zu den allgemeinen Lebensumständen ohne Prüfungsbezug, die im Verantwortungsbereich des Prüflings lägen. Ein Ausnahmefall, in dem die Anreise die prüfungsbezogenen Startchancen beeinträchtigen könne, liege nicht vor. Der Antragsteller könne den Prüfungsort pünktlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, wenn er seine Wohnung um 7.11 Uhr verlasse. Die Annahme, die ca. 75-minütige Dauer einer solchen Anfahrt stehe "bestmöglichen Prüfungsergebnissen" im Wege, sei gänzlich fernliegend. Der Gefahr, infolge von Verspätungen Anschlussverbindungen bei der Anreise zu verpassen, könne er problemlos dadurch begegnen, dass er die Fahrt früher antrete.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.06.2010
Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Berlin
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