18.10.2024
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Verwaltungsgericht Berlin Urteil09.05.2007

Straße­n­um­be­nennung in Berlin: Teilweise Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße rechtmäßigUmbenennung ist nicht willkürlich - Gericht weist Klagen von Anliegern ab

Ein Teil der Berliner "Kochstraße" kann wie geplant in "Rudi-Dutschke-Straße" umbenannt werden. Die Umbenennung ist kein Willkürakt und verletzt keine Grundrechte der Anlieger. Das hat das Verwal­tungs­gericht Berlin entschieden.

Das Verwal­tungs­gericht Berlin hat die Klage von 27 Klägern, unter ihnen die Axel Springer AG, gegen die Umbenennung der Kochstraße zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße in „Rudi-Dutschke-Straße“ abgewiesen. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte die Umbenennung am 10. Oktober 2005 beschlossen. Drei der Kläger sind Eigentümer größerer Immobilien an der Kochstraße im betroffenen Abschnitt, die übrigen betreiben dort ihr Gewerbe.

Das Gericht hielt die Klage für zulässig. Die Kammer blieb bei der vom Berliner Verfas­sungs­ge­richtshof bestätigten Rechtsprechung des Oberver­wal­tungs­ge­richts Berlin, dass Anwohner grundsätzlich nicht gegen eine Straße­n­um­be­nennung klagebefugt sind, es sei denn, sie machen geltend, dass die Umbenennung gegen das Willkürverbot verstößt oder spezifische Grundrechte von Anliegern verletzt. Im vorliegenden Fall haben die Kläger die nicht fern liegende Möglichkeit einer solchen Rechts­ver­letzung dargelegt.

Das Gericht hielt die Klage aber für unbegründet. Die Entscheidung des Bezirksamts ist nach Auffassung des Gerichts nicht willkürlich und verletzt die Kläger auch nicht in ihren Grundrechten. Die Behörde hat bei der Umbenennung von Straßen ein weites Ermessen. Im Rahmen des Willkürverbots wird lediglich die Überschreitung der äußersten Grenzen dieses behördlichen Handlungs­spielraums überprüft. Eine solche hätte hier vorgelegen, wenn die Benennung als zielgerichteter Angriff auf die Unter­neh­men­s­in­te­grität der Axel Springer AG und als Billigung von Straftaten verstanden werden müsste, die im Frühjahr 1968 bei der Blockade der Auslieferung von Zeitungen verübt wurden. Dann hätte der Bezirk zugleich seine Neutra­li­täts­pflicht verletzt, und die Entscheidung wäre willkürlich.

Zwar wurde bei objektiver Betrachtung der strittige Straße­n­ab­schnitt für die Ehrung Rudi Dutschkes ausgewählt, weil dort der Springerverlag ansässig ist. Der Bezug ergibt sich aber nicht allein und auch nicht vorwiegend aus den rechtswidrigen Blocka­de­ak­tionen, sondern aus der gesell­schaft­lichen Ausein­an­der­setzung über die Berliner Presse­land­schaft in den 60iger Jahren, als deren Antipoden Axel Springer und Rudi Dutschke angesehen werden können. Mit der Umbenennung ergreift der Bezirk nicht einseitig Partei, da die Rudi-Dutschke-Straße auf die Axel-Springer-Straße (vormals Lindenstraße) stoßen wird und weil die Axel Springer AG ihre Verlags­an­schrift in der Axel-Springer-Straße behält. Aus diesen Gründen kann die Umbenennung auch nicht als Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts der Axel Springer AG gewertet werden.

Entgegen der Auffassung der Kläger liegt auch keine unzulässige neue Doppelbenennung vor. Der auf dem Gelände der Freien Universität in Dahlem gelegene Rudi-Dutschke-Weg ist nicht amtlich benannt und unterliegt deshalb nicht dem öffentlich-rechtlichen Straßenregime.

Willkür kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass im Umbenen­nungs­vorgang die zuständige Senats­ver­waltung oder der Senat von Berlin nicht eingeschaltet wurden. Nach den Ausfüh­rungs­vor­schriften wäre für die Ehrung einer Person im zentralen Bereich Berlin, zu dem die Kochstraße gehört, ein Beschluss des Senats erforderlich gewesen, wohingegen eine Umbenennung zur Beseitigung einer vorhandenen Doppelbenennung in die alleinige Zuständigkeit des Bezirks fällt. Zwar erscheint die Begründung des Bezirks vorgeschoben, die Umbenennung habe dazu dienen sollen, eine vorhandene Doppelbenennung (zwei Kochstraßen in Berlin) teilweise zu beseitigen. Daraus resultiert aber nicht, dass die Umbenen­nungs­ent­scheidung willkürlich war. Denn für die in den Ausfüh­rungs­vor­schriften vorgesehene interne Beteiligung des Senats, die hier möglicherweise „umgangen“ werden sollte, gibt es nach Auffassung der Kammer im Gesetz keine Grundlage, da danach der Bezirk für solche Entscheidungen stets allein zuständig ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 14/07 des VG Berlin vom 09.05.2007

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