21.11.2024
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Verwaltungsgericht Berlin Urteil12.07.2023

Zweck­entfremdungs­verbot kann auch für Bauruine geltenBauruine darf nicht abgerissen werden

Ein ursprünglich zu Wohnzwecken errichtetes Gebäude kann allein durch bewussten jahrelangen Leerstand und dadurch bedingten baulichen Verfall nicht der Geltung des Zweck­entfremdungs­verbots entzogen werden. Das hat das Verwal­tungs­gericht Berlin entschieden.

Die Klägerin, eine Bauent­wick­lungs­ge­sell­schaft, kaufte im Jahr 1998 ein Mehrfa­mi­li­enhaus in Berlin-Mitte zur Durchführung eines Inves­ti­ti­o­ns­vor­habens mit dem Ziel der Sanierung und Wiederherstellung von 23 Wohnungen. Das Haus stand spätestens seit 1998 leer. Von einer beantragten und erteilten Baugenehmigung zur Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes machte die Klägerin keinen Gebrauch. Vielmehr teilte sie dem Bezirksamt 2015 mit, dass das Wohngebäude zur dauernden Wohnnutzung nicht mehr geeignet sei, weil es weder über eine Heizung noch über Bäder und Toiletten verfüge und die Böden einsturz­ge­fährdet seien. Im Jahr 2019 beantragte die Klägerin ein sog. Negativattest mit dem Inhalt, dass es sich bei den Räumlichkeiten nicht um schützenswerten Wohnraum handle, der dem Zweckentfremdungsverbot unterfalle, und kündigte an, das Gebäude beseitigen zu wollen. Das Bezirksamt lehnte die Erteilung des Negativattests ab.

Verfallenlassen von Wohnraum hebelt Zweck­ent­frem­dungs­verbots nicht aus

Die dagegen gerichtete Klage hat das VG abgewiesen. Das betroffene Gebäude stelle zweck­ent­frem­dungs­rechtlich geschützten Wohnraum dar, weil es weiterhin zur dauernden Wohnnutzung geeignet sei. Zwar sei das Gebäude in seinem derzeitigen stark sanie­rungs­be­dürftigen und baufälligen Zustand aktuell nicht bewohnbar. Zu Wohnzwecken errichtete Gebäude unterfielen aber auch dann dem Zweck­ent­frem­dungs­verbot, wenn sie sich noch mit objektiv zumutbarem Aufwand in einen bewohnbaren Zustand versetzen ließen. Davon sei hier auszugehen, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass ihr eine Wieder­her­stellung der Bewohnbarkeit unzumutbar sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn die ansetzbaren Wieder­her­stel­lungs­kosten höher seien als die in zehn Jahren erzielbare Rendite. Von den tatsächlichen Wieder­her­stel­lungs­kosten seien dabei solche nicht berück­sich­ti­gungsfähig, die auf in der Vergangenheit unterlassene Instandsetzungs- und Unter­hal­tungs­maß­nahmen zurückzuführen seien. Denn anderenfalls wäre es möglich, durch gezielten Leerstand Wohnraum zu vernichten und das Zweck­ent­frem­dungs­verbot zu umgehen. Wenn - wie hier - Räumlichkeiten über einen nicht unerheblichen Zeitraum leer gestanden hätten, ohne dass Maßnahmen zur Instandhaltung ergriffen worden seien, sei zu vermuten, dass Kosten für eine Wieder­her­stellung der Bewohnbarkeit vermeidbar gewesen wären und deshalb nicht zu berücksichtigen seien. Das VG hat gegen das Urteil die Berufung zum Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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