23.11.2024
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Dokument-Nr. 29315

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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss15.10.2020

Eilantrag erfolgreich: VG kippt Berliner Sperrstunde für GaststättenSperrstunde hält rechtliche Überprüfung nicht stand

Das VG Berlin hat in zwei Eilverfahren entschieden, dass die mit der Berliner SARS-CoV-2-Infek­ti­o­ns­schutz­verordnung verhängte Sperrstunde für Gaststätten einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält.

Die Antragsteller, insgesamt elf Gastronomen, wandten sich in zwei Eilverfahren gegen die nach § 7 Abs. 4 der SARS-CoV-2-Infek­ti­o­ns­schutz­ver­ordnung in der Fassung vom 6. Oktober 2020 in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages zu schließen (Sperrstunde). Hiergegen setzten sich die Antragsteller, insgesamt elf Gastronomen, in zwei Eilverfahren zur Wehr.

Sperrstunde als Maßnahme zur Bekämpfung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens nicht erforderlich

Das VG Berlin hat den Eilanträgen stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts verfolgt die Maßnahme zwar das legitime Ziel, die Ausbrei­tungs­ge­schwin­digkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern und damit eine Überlastung des öffentlichen Gesund­heits­systems zu vermeiden. Zur Erreichung dieses Ziels sei eine Sperrstunde auch möglicherweise geeignet. Bei summarischer Prüfung sei aber nicht ersichtlich, dass die Maßnahme für eine nennenswerte Bekämpfung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens erforderlich sei.

Vorhandene Maßnahmen bei prioritär gebotenen konsequenten Durchsetzung ausreichend

Nach den vom Robert Koch-Institut veröf­fent­lichten Daten hätten Gaststätten unter den bislang geltenden Schutz- und Hygie­ne­maß­nahmen keinen derart wesentlichen Anteil am Infek­ti­o­ns­ge­schehen gehabt, dass wegen der nunmehr zu verzeichnenden starken Zunahme von Neuinfektionen eine Sperrstunde als weitere Maßnahme erforderlich sei. Der Antragsgegner habe bereits mildere Mittel in Form von vielfältigen Schutz- und Hygie­ne­maß­nahmen und nunmehr auch eines Alkohol­aus­schank­verbots ergriffen, die für die Bekämpfung des von Gaststätten ausgehenden Infek­ti­o­ns­risikos bei einer prioritär gebotenen konsequenten Durchsetzung dieser Maßnahmen in gleicher Weise geeignet schienen. Nach den Feststellungen des Robert Koch-Instituts seien aktuelle Fallhäufungen insbesondere im Zusammenhang mit Feiern im Familien- und Freundeskreis sowie u.a. in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Einrichtungen für Asylbewerber und Geflüchtete, Gemein­schaft­s­ein­rich­tungen, fleisch­ver­a­r­bei­tenden Betrieben und im Rahmen religiöser Veranstaltungen sowie in Verbindung mit Reisen bzw. Reiserü­ck­kehrern beobachtet worden.

Unver­hält­nis­mäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit

Es sei nicht nachvollziehbar, warum es infek­ti­o­ns­schutz­rechtlich gerechtfertigt sein solle, gastronomische Betriebe - die ansonsten geöffnet bleiben dürften - nach 23 Uhr zu schließen. Auch die Gefahr einer alkohol­be­dingten "Enthemmung" nach 23 Uhr bestehe nicht, weil die Verordnung nunmehr ein von den Antragstellern nicht angegriffenes Alkohol­aus­schank­verbot nach diesem Zeitpunkt enthalte. Gastwirten könne nicht pauschal unterstellt werden, dass sie diese Vorgaben typischerweise nicht einhielten. Allein die bessere Kontroll­mög­lichkeit einer Sperrstunde könne daher hier nicht zur Rechtfertigung der Maßnahme herangezogen werden. Schließlich stelle sich die Maßnahme wegen der untergeordneten Bedeutung des Infek­ti­o­ns­umfelds "Gaststätte" als unver­hält­nis­mäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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