21.11.2024
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Dokument-Nr. 574

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Beschluss01.06.2005Verwaltungsgericht Berlin10 A 75.05
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss01.06.2005

Feinstaub: VG Berlin weist Eilantrag auf Erstellung eines Aktionsplanes zur Luftreinhaltung zurückViel Staub um Aktionsplan zur Luftreinhaltung

Die Antragsteller wohnen an der stark befahrenen Frankfurter Allee bzw. am Frankfurter Tor in Berlin, in deren Bereich die seit dem 1. Januar 2005 geltenden Grenzwerte für Feinsta­ub­be­lastung überschritten wurden. Sie befürchten erhebliche Gesund­heits­be­ein­träch­ti­gungen und beantragten bei der Senats­ver­waltung für Stadt­ent­wicklung Ende Dezember 2004 Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte. Mit ihrem Eilantrag bei der 11. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts hatten sie erfolglos begehrt, den Kraft­fahr­zeug­verkehr in der Berliner Innenstadt vollständig für Dieselfahrzeuge ohne Rußpar­ti­kel­filter zu sperren, hilfsweise den Kraft­fahr­zeug­verkehr so zu beschränken, dass die Einhaltung der Immis­si­ons­grenzwerte in ihrem Wohnbereich sichergestellt sei (vgl. VG 11 A 226.05; die Beschwerde hierzu ist beim Oberver­wal­tungs­gericht Berlin zu OVG 1 S 44.05 anhängig). Ihr weiteres Begehren auf einstweilige Erstellung eines Aktionsplanes zur Luftreinhaltung, der festlegen soll, welche geeigneten Maßnahmen kurzfristig zu ergreifen sind, um die Grenzwerte einzuhalten, war bei der 10. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts nunmehr ebenfalls erfolglos.

Nach Auffassung der 10. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts ist der Eilantrag unzulässig. Die nach dem Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz bestehende Pflicht der zuständige Behörde, einen Aktionsplan aufzustellen, wenn die Gefahr besteht, dass die festgelegten Immis­si­ons­grenzwerte überschritten werden, bestehe allein im Allge­mein­in­teresse und gebe dem Einzelnen keinen Anspruch hierauf (ebenso die 1. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts München, Beschluss vom 27. April 2005; anderer Auffassung die 16. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart, Urteil vom 31. Mai 2005). Dies ergebe sich bereits aus der Geset­zes­be­gründung, wonach es sich bei den aufzustellenden Luftreinhalte- und Aktionsplänen um bloße Verwal­tungs­interna handele, die den einzelnen Bürger weder zu binden vermögen, noch diesem im Gegenzug individuelle Rechte verschaffen können. Auch auf den Erlass sonstiger Umweltpläne, wie beispielsweise Lärmmin­de­rungspläne, bestehe kein klagbarer Anspruch des Einzelnen. Im Übrigen habe der Antragsgegner bereits im Februar 2005 einen in den Luftrein­hal­teplan integrierten Aktionsplan vorgestellt, der zwischen­zeitlich das Stadium der Öffent­lich­keits­be­tei­ligung durchlaufen habe und demnächst in Kraft treten werde. Soweit die Antragsteller diesen Aktionsplan als “Mogelpackung” bezeichneten, sei dem entge­gen­zu­halten, dass der Planentwurf durchaus kurzfristig wirksame Maßnahmen beinhalte. So sehe er unter Anderem eine Umrüstung der Fahrzeuge des ÖPNV, eine Aktionskampagne zur Staubvermeidung für Baustellen sowie ggf. auch noch nicht näher bezeichnete lokale Verkehrs­len­kungs­maß­nahmen vor. Weiterhin habe der Antragsgegner weitere kurzfristige Maßnahmen in Betracht gezogen, diese im Rahmen seiner Einschät­zungs­prä­ro­gative aber mangels Effektivität verworfen (so z.B. eine verstärkte Straßen­rei­nigung) oder weil er sie nicht als verur­sa­cher­gerecht bzw. verhältnismäßig angesehen habe (z.B. einzelne Straßen­ver­kehrs­maß­nahmen, die lediglich zu einer Verkehrs- und damit Feinsta­ub­ver­la­gerung führen). Angesichts der Komplexität der Problematik, der vielfältigen Quellen der Feinstaub-Partikel und der Tatsache, dass nach derzeitigem Kenntnisstand ein Großteil der Partikel von Quellen außerhalb des Einfluss­be­reichs des Antragsgegners in die Berliner Luft eindringe, sei der Aktionsplan nicht als von vornherein ungeeignet anzusehen. Zudem stehe dem Antragsgegner bezüglich der von ihm für notwendig und wirksam erachteten Maßnahmen ein Prognose- und Beurtei­lungs­spielraum zusteht, der nur in eingeschränktem Maße der gerichtlichen Kontrolle unterliege. Es widerspräche dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn das Gericht dem Antragsgegner vorschriebe, welche Maßnahmen zur Reduzierung der Feinsta­ub­be­lastung kurzfristig wirksam und deshalb zu ergreifen seien. Ein “Königsweg” zur (insbesondere kurzfristigen) Reduzierung der Feinsta­ub­partikel sei nicht ersichtlich und habe sich deshalb dem Antragsgegner nicht aufdrängen müssen. Gegebenenfalls müsse auf mittel- und langfristig wirksame Maßnahmen zurückgegriffen werden, wie dies auch eine von der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sation im Auftrag der Europäischen Kommission erstellte Studie zum Stand der Wirkungs­for­schung zu Feinstaub nahelege. Schließlich folge auch aus Gemein­schaftsrecht kein subjektives Recht auf Erstellung eines Aktionsplanes.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zum Oberver­wal­tungs­gericht Berlin zulässig.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 25/05 des VG Berlin vom 02.06.2005

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