21.11.2024
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Dokument-Nr. 10252

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Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil22.06.2010

Klein­klär­anlagen auf privaten Grundstücken – Dezentrales Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­konzept gescheitertKonzept der Gemeinde widerspricht Verpflichtungen aus Kommu­na­l­ab­was­ser­ver­ordnung

Ein Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­konzept, das vorsieht, das häusliche beziehungsweise gewerbliche Schmutzwasser vorrangig durch geeignete Klein­klär­anlagen für ein oder mehrere Grundstücke zu entsorgen, ist unzulässig. Eine solche dezentrale Abwas­ser­be­sei­tigung steht nicht im Einklang mit der Kommu­na­l­ab­was­ser­ver­ordnung. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Arnsberg.

Das streitige Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­konzept der Gemeinde Welver sieht eine dezentrale Beseitigung des Schmutzwassers für die Ortsteile Berwicke, Einecke, Klotingen und Stocklarn vor. Das häusliche beziehungsweise gewerbliche Schmutzwasser soll vorrangig durch geeignete Klein­klär­anlagen - vereinzelt auch durch abflusslose Gruben - für ein oder mehrere Grundstücke entsorgt werden. Die hauptsächlich auf privatem Grund vorgesehenen Klein­klär­anlagen beziehungsweise abflusslosen Gruben sollen öffentliche Abwas­ser­be­hand­lungs­anlagen darstellen. Zur Erfüllung ihrer Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­pflicht will sich die Klägerin des für diese Aufgabe gegründeten Abwasservereins Welver e. V. bedienen.

Konzept nicht im Einklang mit Kommu­na­l­ab­was­ser­ver­ordnung

Dieses Konzept einer dezentralen Abwasserbeseitigung beanstandete die beklagte Bezirks­re­gierung, weil es nicht im Einklang mit der Kommu­na­l­ab­was­ser­ver­ordnung stehe, nach der gemeindliche Gebiete mit bis zu 10.000 Einwohnerwerten bis zum 31. Dezember 2005 mit einer Abwas­ser­ka­na­li­sation auszustatten seien.

Gericht stützt Rechts­s­tandpunkt der Beklagten

Das Urteil des Gerichts stützt den Rechts­s­tandpunkt der Bezirks­re­gierung. In den Entschei­dungs­gründen hat die Kammer zunächst ausgeführt, dass ein Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­konzept nach seinem Sinn und Zweck die Grundlage für die - auch und gerade künftige - ordnungsgemäße Erfüllung der gemeindlichen Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­pflicht bilde und daher auch darlegen müsse, dass dies künftig gewährleistet sei. Dem werde das beanstandete Konzept insofern nicht gerecht, als es zwar Konflikte zwischen den Nutzungs­be­rech­tigten der Grundstücke einerseits und der abwas­ser­be­sei­ti­gungs­pflichtigen Gemeinde andererseits schaffe, aber keinerlei Aussagen dazu enthalte, wie eine ordnungsgemäße Abwas­ser­be­sei­tigung verwirklicht werden solle, falls Nutzungs­be­rechtigte der Grundstücke entgegen getroffener oder zu treffender Vereinbarungen auf ihrem Grundstück die vorgesehene Kleinkläranlage überhaupt nicht oder nicht - wie die gesetzlichen Regelungen es erfordern - den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend errichteten beziehungsweise ertüchtigten. Ebenso wenig sei dem Konzept zu entnehmen, inwieweit und wann die Erteilung der für alle vorgesehenen Klein­klär­anlagen notwendigen wasser­recht­lichen Erlaubnisse gewährleistet sei.

Konzept widerspricht Verpflichtungen

Das Konzept widerspreche der aus der Kommu­na­l­ab­was­ser­ver­ordnung folgenden Verpflichtung der Klägerin, bestimmte gemeindliche Gebiete mit einer Abwas­ser­ka­na­li­sation auszustatten. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht beruhe die Verordnung auf einer hinreichenden, insbesondere mit der Landes­ver­fassung im Einklang stehenden Ermäch­ti­gungs­grundlage.

Ausstattung mit Abwas­ser­ka­na­li­sation mit EU-Recht vereinbar

Die ungeachtet eines bestimmten Schwellenwertes vorgeschriebene Verpflichtung zur Ausstattung von gemeindlichen Gebieten mit einer Abwas­ser­ka­na­li­sation sei auch mit dem europäischen Recht vereinbar. Zwar sehe die EU-Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser eine solche Verpflichtung nur für Ortslagen mit mehr als 2.000 Einwohnerwerten vor. Eine Verschärfung des gemein­schaft­lichen vorgegebenen Mindest­standards durch nationale Rechts­be­stim­mungen sei aber im Bereich des Umweltrechts nach den Vorschriften der europäischen Gründungs­verträge zulässig.

Davon abgesehen seien die vier Ortsteile auch Teil eines Gebietes im Sinne der Richtlinie, das mehr als 2.000 Einwohnerwerte umfasste, selbst wenn diese zusammen nur etwa 860 Einwohner hätten. Denn angesichts des bestehenden Siedlungs­zu­sam­menhangs sei der Zentralort Welver mit seinen etwa 5.500 Einwohnern einzubeziehen.

Wasserrecht muss Regeln der Technik entsprechen

Schließlich verstoße das Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­konzept der Gemeinde auch insofern gegen gesetzliche Vorschriften, als es vorsehe, das auf privaten Grundstücken anfallenden Schutzwasser mittels eines Kanals zu auf öffentlichen Grund befindlichen und von der Gemeinde betriebenen abflusslosen Gruben zu leiten und von dort abfahren zu lassen. Damit würden diese abflusslose Gruben - anders als etwa solche, die dem bloßen Auffangen und Aufbewahren des Abwassers auf dem Grundstück des Nutzungs­be­rech­tigten selbst dienen - im Rahmen der Abwas­ser­be­sei­tigung eingesetzt und stellten Abwasseranlagen im Sinne des Wasserrechts dar. Solche Anlagen unterlägen jedoch dem Erfordernis, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen zu müssen. Der Einsatz abflussloser Gruben im Bereich der Abwas­ser­be­sei­tigung entspreche indes diesen Regeln der Technik nicht.

Quelle: Verwaltungsgericht Arnsberg/ra-online

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