Dokument-Nr. 3140
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil08.09.2006
Keine Befreiung von der Schulpflicht für ins Ausland verzogenes KindKlage von religiösen Eltern sowohl unzulässig als auch unbegründet
Das Verwaltungsgericht Aachen hat die Klage von nicht mehr in Nordrhein-Westfalen lebenden Eltern auf Befreiung ihres Kindes von der Schulpflicht als unzulässig abgewiesen.
Die Kläger hatten ihr Kind nicht gemäß der von der Grundschule gegebenen Empfehlung an einer weiterführenden Schule angemeldet. Sie erteilen dem Kind Hausunterricht mit Unterstützung einer staatlich nicht anerkannten Fernschule. Ihren Antrag beim Schulamt für den Kreis Düren (Beklagten) auf Befreiung ihres Kindes von der Schulpflicht begründeten sie damit, dass die Inhalte der Schullehrpläne zur Evolutionstheorie nicht hinnehmbar seien. Außerdem lehnten sie als Christen die in der Schule praktizierte Sexualerziehung ab. Den gegen die Ablehnung des Beklagten erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Köln zurück. Die nachfolgend erhobene Klage blieb ebenfalls ohne Erfolg.
Die Kammer hat bereits die Klagebefugnis verneint. Aus dem Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) ergebe sich kein Befreiungsanspruch. Dieses regele lediglich eine Ausnahme vom Besuch einer deutschen Schule. Ob sich ein Anspruch daneben aus den grundgesetzlich normierten Elternrechten ergeben könnte, hat die Kammer mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als fraglich bezeichnet. Denn danach stehe den Elternrechten der staatliche Erziehungsauftrag gleichgeordnet gegenüber, welcher durch die allgemeine Schulpflicht in zulässiger Weise konkretisiert werde. Jedenfalls aber komme ein Anspruch auf Befreiung von der Schulpflicht nur in Betracht, wenn die Schulpflicht überhaupt bestehe. Dies sei jedoch im Falle der Kläger mangels Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes in Nordrhein-Westfalen zu verneinen.
Ergänzend hat die Kammer darauf hingewiesen, dass die Klage sich auch als unbegründet erweisen würde. Der staatliche Erziehungsauftrag umfasse auch die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die in der Lage seien, gleichberechtigt und verantwortungsbewusst an demokratischen Abläufen in einer pluralistischen Gesellschaft teilzunehmen. Die dazu erforderliche Toleranz bei gleichzeitiger Fähigkeit, seine von der Mehrheit abweichende Überzeugung behaupten zu können, lasse sich eher vermitteln, wenn Kontakte mit Andersdenkenden nicht nur vereinzelt bestünden, sondern eine sich aus dem regelmäßigen Schulbesuch ergebende Alltagserfahrung seien. Die Allgemeinheit habe ein berechtigtes Interesse an der Erziehung zu Offenheit und Toleranz auch durch die Schule. Durch die den staatlichen Schulen obliegende Verpflichtung zu Neutralität und Toleranz sei hinreichend sichergestellt, dass unzumutbare Glaubens- und Gewissenskonflikte nicht entstünden und eine Indoktrinierung der Schüler auch auf dem Gebiet der Sexualerziehung unterbleibe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.10.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 02.10.2006
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