Dokument-Nr. 22007
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil03.12.2015
Beginn eines Universitätsstudiums parallel zur Berufsausbildung rechtfertigt keine Löschung des Lehrvertrages aus dem Verzeichnis der AusbildungsverhältnisseMöglichkeit des Selbststudiums in den Abendstunden und am Wochenende ermöglicht auch ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung parallel zum Studium
Das Verwaltungsgericht Aachen hat entschieden, dass allein der Beginn eines Universitätsstudiums parallel zur Berufsausbildung nicht die Löschung des Lehrvertrages aus dem Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse rechtfertigt. Da auch bei einem Bachelorstudium eine Anwesenheitspflicht nur in geringem Umfang besteht und das Selbststudium ohne Weiteres auf die Abendstunden und/oder das Wochenende gelegt werden kann, ist es nach Auffassung des Gerichts nicht ausgeschlossen, dass parallel zum Studium eine ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung stattfinden kann.
Die Auszubildende des zugrunde liegenden Verfahrens hatte im Oktober 2013 mit einem Pferdegestüt, deren Inhaber ihr Stiefvater ist, einen Vertrag über die Ausbildung zur Pferdewirtin geschlossen. Die Arbeitszeit wurde im Ausbildungsvertrag auf 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich festgelegt. Im September 2014 nahm die Klägerin parallel zu ihrer Ausbildung einen Bachelorstudiengang an der Universität Maastricht auf. Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen nahm dies zum Anlass, den Ausbildungsvertrag aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse zu löschen.
Ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung parallel zum Studium machbar und möglich
Das Verwaltungsgericht Aachen gab der dagegen gerichteten Klage des Pferdegestüts statt und hob den Löschungsbescheid auf. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Ausbildungsvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Die Auszubildende habe sich erst mehr als ½ Jahr nach Beginn der Ausbildung zur Pferdewirtin für das Studium an der Universität entschlossen und dieses erst im September 2014 aufgenommen. Daher könne nicht angenommen werden, dass das Pferdegestüt und die Auszubildende tatsächlich kein Ausbildungsverhältnis hätten begründen wollen. Zudem sei eine Löschung des Ausbildungsvertrages wegen Nichtgewährleistung eines geordneten Ausbildungsgangs nur möglich, wenn der Auszubildende aufgrund von Anwesenheits- und sonstigen Pflichten im Studium objektiv nicht in der Lage sei, parallel dazu eine geordnete Ausbildung (im Sinne einer Vollzeitausbildung) zu absolvieren. Daran fehle es hier. Ein Studium könne im Unterschied zu einer allgemeinbildenden Schule auch in den eher "verschulten" Bachelorstudiengängen wesentlich freier geplant werden. Eine Anwesenheitspflicht bestehe nur in geringem Umfang, und das Selbststudium könne ohne Weiteres auf die Abendstunden und/oder das Wochenende gelegt werden. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass parallel zum Studium eine ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung stattfinde. So habe die Auszubildende geltend gemacht, dass sie lediglich zweimal wöchentlich an Studienveranstaltungen von jeweils zwei Stunden teilnehme. Weitere Vorlesungen etc. könne sie über das Internet verfolgen; das Selbststudium erfolge abends und am Wochenende. Daher sei anzunehmen, dass die Auszubildende ihren Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag auch im Hinblick auf die Arbeitszeit werde nachkommen können. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Arbeitszeiten auf einem Gestüt weniger stark fixiert sein dürften als etwa in einem Industriebetrieb.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.12.2015
Quelle: Verwaltungsgericht Aachen/ra-online
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