Dokument-Nr. 12045
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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss22.07.2011
Vorläufiger Weiterbetrieb der Jugendhilfeeinrichtung in Hellenthal trotz "Gefahrenverdacht"Entscheidung beruht nur auf Interessenabwägung
Obwohl gegen die Jugendhilfeeinrichtung ein Missbrauchsverdacht vorliegt, kann diese vorerst den Betrieb wieder aufnehmen. Dies hat nun das Verwaltungsgericht Aachen entschieden.
Im hiesigen Rechtsfall hat der Landschaftsverband Rheinland der Jugendhilfeeinrichtung in Hellenthal-Reifferscheid den Betrieb wegen Kindeswohlgefährdung untersagt.
Kindeswohlgefährdung vom Gericht nicht feststellbar
Das Verwaltungsgericht Aachen hat entschieden, dass die Jugendhilfeeinrichtung vorläufig weiter geführt werden darf. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht festgestellt werden konnte, ob tatsächlich eine für den Widerruf der Betriebserlaubnis erforderliche Kindeswohlgefährdung vorgelegen habe.
Keine Aufklärung der behaupteten Vorfälle eingeleitet
Anlass für das Einschreiten des Landschaftsverbandes sei ein Bericht einer Praktikantin über körperliche und psychische Übergriffe in der Einrichtung gewesen. Weil die Praktikantin einige Vorfälle nur vom Hörensagen kannte, hätte der Landschaftsverband nach Ansicht des Gerichts den aufkommenden "Gefahrenverdacht" weiter aufklären müssen. Vor der Schließung als "ultima ratio" sei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst eine Befragung und Beratung des Einrichtungsträgers geboten gewesen. Eine systematische Aufklärung der behaupteten Vorfälle sei jedoch unterblieben. So seien von den zwanzig Betreuern und Lehrern, die von der Praktikantin benannt worden seien, anlässlich der Schließung am 12. Juli 2011 nur zwei Personen befragt worden.
Trotz Weiterbetrieb - Frage der Kindeswohlgefährdung nach wie vor aufzuklären
Aufgrund der erforderlichen weiteren Ermittlungen sei die Frage der tatsächlichen Kindeswohlgefährdung derzeit offen. Die somit gebotene Interessenabwägung falle zu Lasten des Landschaftsverbandes aus. Es sei keine Lösung, die betroffenen Kinder und Jugendliche wieder zu ihren Erziehungsberechtigten zu schicken, weil diese in der Vergangenheit gerade nicht in der Lage gewesen seien, die Erziehung ihrer Kinder zu gewährleisten. Weil es zudem in den fünf Jahren seit Bestehen der Einrichtung keine negativen Vorkommnisse gegeben habe, liege es in beiderseitigem Interesse, die Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung zu belassen und die behaupteten Vorfälle lückenlos aufzuklären.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.07.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Aachen/ra-online
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