03.12.2024
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Dokument-Nr. 5699

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Beschluss29.02.2008Thüringer Oberlandesgericht Jena6 W 32/08
Vorinstanz:
  • Landgericht Gera, Beschluss19.12.2007, 2 HKT 63/07
ergänzende Informationen

Thüringer Oberlandesgericht Jena Beschluss29.02.2008

Einsetzung des Nachtrags­li­qui­dators über das Vermögen der "Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation Ltd." bestätigt

Das Thüringer Oberlan­des­gericht hatte sich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Bestellung eines sogenannten Nachtrags­li­qui­dators für eine aufgelöste Gesellschaft nach englischem Recht zu befassen.

Die am 21.11.2001 gegründete "Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd.", eine "Limited" mit Sitz in London, war in Großbritannien in das dem deutschen Handelsregister vergleichbare Gesell­schafts­re­gister eingetragen worden. Am 29.8.2006 wurde die Limited aus dem Gesell­schafts­re­gister gelöscht, da sie es versäumt hatte, von einem englischen Steuerberater attestierte Jahres­ab­schlüsse einzureichen. Als letzter "director" (vergleichbar einem Geschäftsführer) und alleiniger Gesellschafter war der in Hamburg ansässige Rechtsanwalt R. registriert. Das in Großbritannien belegene Vermögen der Limited fiel mit der Auflösung der Gesellschaft von Gesetzes wegen an die britische Krone. Die Limited verfügte darüber hinaus auch in Deutschland über Grundvermögen, insbesondere auch über ein in Pößneck belegenes Grundstück, welches mit einem in der Öffentlichkeit als "Schützenhaus" bekannten Gebäude bebaut ist. Die Stadt Pößneck hatte als Gläubigerin der für die Liegenschaft anfallenden Grundsteuern gegenüber dem Amtsgericht Jena die Löschung der Limited angezeigt und die Bestellung eines Nachtrags­li­qui­dators beantragt. Mit Beschluss vom 9.3.2007 hat das Amtsgericht Jena den von der Stadt Pößneck vorgeschlagenen Rechtsanwalt B. als Nachtrags­li­quidator bestellt.

Gegen die durch den Beschluss des Amtsgerichts erfolgte Bestellung des Nachtrags­li­qui­dators hatte Rechtsanwalt R. Beschwerde beim Landgericht Gera eingelegt. Das Landgericht Gera hatte mit Beschluss vom 3.5.2007 auf die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts R. den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Die zum Thüringer Oberlan­des­gericht sowohl von Rechtsanwalt R. als auch von der Stadt Pößneck eingelegten weiteren sofortigen Beschwerden gegen diesen Zurück­wei­sungs­be­schluss waren erfolglos geblieben (Beschluss des Thüringer Oberlan­des­ge­richts vom 22.8.2007, Az.: 6 W 244/07).

Nachdem die Stadt Pößneck gegenüber dem Amtsgericht Jena erneut die Bestellung eines Nachtrags­li­qui­dators beantragt hatte, hat dieses mit Beschluss vom 6.11.2007 den in Erfurt ansässigen Rechtsanwalt Sch. zum Nachtrags­li­quidator der Limited eingesetzt. Das Landgericht Gera hat mit Beschluss vom 19.12.2007 die seitens des Rechtsanwalts R. hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Nachdem Rechtsanwalt R. auch gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt hatte, musste der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlan­des­ge­richts im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde abschließend über die Einsetzung von Rechtsanwalt Sch. als Nachtrags­li­quidator der Limited entscheiden. Mit Beschluss vom 29.2.2008 hat der Senat die weitere sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Soweit der Beschwer­de­führer meint, das Amtsgericht Jena sei für die Entscheidung über die Bestellung des Nachtrags­li­qui­dators schon gar nicht zuständig gewesen, da sich das Hauptvermögen der gelöschten Limited nicht in Thüringen, sondern im Landkreis Verden (Niedersachsen) befinde, hat der Senat festgestellt, dass die seitens des Landgerichts Gera getroffenen Ausführungen zur Feststellung des zuständigen Gerichts nicht zu beanstanden seien. Insbesondere sei es nicht rechts­feh­lerhaft, wenn das Landgericht seine Annahme, dass das in Pößneck belegene Grundstück und nicht die sich in Niedersachsen befindliche Immobilie das Hauptvermögen der gelöschten Limited darstelle, auf einen Vergleich der Grund­s­tücks­kauf­preise gestützt habe.

Der Senat teilt darüber hinaus auch die vom Landgericht Gera geäußerten Bedenken gegen die Eignung von Rechtsanwalt R. als Nachtrags­li­quidator. Nach Auffassung des Senats ergeben sich die Bedenken unter anderem daraus, dass die Limited aufgrund von Versäumnissen des Rechtsanwalts R. in seiner Eigenschaft als director der Gesellschaft aus dem englischen Handelsregister gelöscht worden sei. Auch der Umstand, dass es versäumt worden sei, eine Zweignie­der­lassung der Limited in Deutschland zu unterhalten und zum Handelsregister anzumelden, spreche gegen die Zuverlässigkeit des Beschwer­de­führers.

Schließlich vertritt der Senat mit dem Amtsgericht Jena und dem Landgericht Gera die Auffassung, dass Rechtsanwalt Sch. geeignet ist, die Aufgaben eines Nachtrags­li­qui­dators zu erfüllen. Die seitens des Beschwer­de­führers erhobenen Vorwürfe, dass der Nachtrags­li­quidator durch seine nach seiner Einsetzung ausgeübte Liqui­da­to­ren­tä­tigkeit gegen die Interessen der Restge­sell­schaft verstoßen habe, seien nicht stichhaltig.

Der Senat gehe vielmehr davon aus, dass der eingesetzte Nachtrags­li­quidator sein Amt entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen und unter Beachtung der Vermö­gen­s­in­teressen der Gläubiger, der gelöschten Limited und des Gesellschafters gewissenhaft ausübe und auch in Zukunft ausüben werde.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Thüringen vom 04.03.2008

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