Dokument-Nr. 5699
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- Landgericht Gera, Beschluss19.12.2007, 2 HKT 63/07
Thüringer Oberlandesgericht Jena Beschluss29.02.2008
Einsetzung des Nachtragsliquidators über das Vermögen der "Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation Ltd." bestätigt
Das Thüringer Oberlandesgericht hatte sich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Bestellung eines sogenannten Nachtragsliquidators für eine aufgelöste Gesellschaft nach englischem Recht zu befassen.
Die am 21.11.2001 gegründete "Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd.", eine "Limited" mit Sitz in London, war in Großbritannien in das dem deutschen Handelsregister vergleichbare Gesellschaftsregister eingetragen worden. Am 29.8.2006 wurde die Limited aus dem Gesellschaftsregister gelöscht, da sie es versäumt hatte, von einem englischen Steuerberater attestierte Jahresabschlüsse einzureichen. Als letzter "director" (vergleichbar einem Geschäftsführer) und alleiniger Gesellschafter war der in Hamburg ansässige Rechtsanwalt R. registriert. Das in Großbritannien belegene Vermögen der Limited fiel mit der Auflösung der Gesellschaft von Gesetzes wegen an die britische Krone. Die Limited verfügte darüber hinaus auch in Deutschland über Grundvermögen, insbesondere auch über ein in Pößneck belegenes Grundstück, welches mit einem in der Öffentlichkeit als "Schützenhaus" bekannten Gebäude bebaut ist. Die Stadt Pößneck hatte als Gläubigerin der für die Liegenschaft anfallenden Grundsteuern gegenüber dem Amtsgericht Jena die Löschung der Limited angezeigt und die Bestellung eines Nachtragsliquidators beantragt. Mit Beschluss vom 9.3.2007 hat das Amtsgericht Jena den von der Stadt Pößneck vorgeschlagenen Rechtsanwalt B. als Nachtragsliquidator bestellt.
Gegen die durch den Beschluss des Amtsgerichts erfolgte Bestellung des Nachtragsliquidators hatte Rechtsanwalt R. Beschwerde beim Landgericht Gera eingelegt. Das Landgericht Gera hatte mit Beschluss vom 3.5.2007 auf die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts R. den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Die zum Thüringer Oberlandesgericht sowohl von Rechtsanwalt R. als auch von der Stadt Pößneck eingelegten weiteren sofortigen Beschwerden gegen diesen Zurückweisungsbeschluss waren erfolglos geblieben (Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 22.8.2007, Az.: 6 W 244/07).
Nachdem die Stadt Pößneck gegenüber dem Amtsgericht Jena erneut die Bestellung eines Nachtragsliquidators beantragt hatte, hat dieses mit Beschluss vom 6.11.2007 den in Erfurt ansässigen Rechtsanwalt Sch. zum Nachtragsliquidator der Limited eingesetzt. Das Landgericht Gera hat mit Beschluss vom 19.12.2007 die seitens des Rechtsanwalts R. hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Nachdem Rechtsanwalt R. auch gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt hatte, musste der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde abschließend über die Einsetzung von Rechtsanwalt Sch. als Nachtragsliquidator der Limited entscheiden. Mit Beschluss vom 29.2.2008 hat der Senat die weitere sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Soweit der Beschwerdeführer meint, das Amtsgericht Jena sei für die Entscheidung über die Bestellung des Nachtragsliquidators schon gar nicht zuständig gewesen, da sich das Hauptvermögen der gelöschten Limited nicht in Thüringen, sondern im Landkreis Verden (Niedersachsen) befinde, hat der Senat festgestellt, dass die seitens des Landgerichts Gera getroffenen Ausführungen zur Feststellung des zuständigen Gerichts nicht zu beanstanden seien. Insbesondere sei es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht seine Annahme, dass das in Pößneck belegene Grundstück und nicht die sich in Niedersachsen befindliche Immobilie das Hauptvermögen der gelöschten Limited darstelle, auf einen Vergleich der Grundstückskaufpreise gestützt habe.
Der Senat teilt darüber hinaus auch die vom Landgericht Gera geäußerten Bedenken gegen die Eignung von Rechtsanwalt R. als Nachtragsliquidator. Nach Auffassung des Senats ergeben sich die Bedenken unter anderem daraus, dass die Limited aufgrund von Versäumnissen des Rechtsanwalts R. in seiner Eigenschaft als director der Gesellschaft aus dem englischen Handelsregister gelöscht worden sei. Auch der Umstand, dass es versäumt worden sei, eine Zweigniederlassung der Limited in Deutschland zu unterhalten und zum Handelsregister anzumelden, spreche gegen die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers.
Schließlich vertritt der Senat mit dem Amtsgericht Jena und dem Landgericht Gera die Auffassung, dass Rechtsanwalt Sch. geeignet ist, die Aufgaben eines Nachtragsliquidators zu erfüllen. Die seitens des Beschwerdeführers erhobenen Vorwürfe, dass der Nachtragsliquidator durch seine nach seiner Einsetzung ausgeübte Liquidatorentätigkeit gegen die Interessen der Restgesellschaft verstoßen habe, seien nicht stichhaltig.
Der Senat gehe vielmehr davon aus, dass der eingesetzte Nachtragsliquidator sein Amt entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen und unter Beachtung der Vermögensinteressen der Gläubiger, der gelöschten Limited und des Gesellschafters gewissenhaft ausübe und auch in Zukunft ausüben werde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Thüringen vom 04.03.2008
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