23.11.2024
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Thüringer Landesarbeitsgericht Urteil11.06.2009

Thüringer LAG: Über hundert Mal verspätet zur Arbeit erscheinen rechtfertigt KündigungHartnäckiges Fehlverhalten führt auch bei möglicher psychischer Krankheit zu schwerwiegenden Störung des Arbeits­ver­hält­nisses

Kommt ein Arbeitnehmer ständig zu spät zur Arbeit, muss er mit seiner Entlassung rechnen. Nicht immer hilft ein ärztliches Gutachten, wonach man wegen einer psychischen Störung nicht in Lage ist, den Zeitpunkt des Arbeitsantritts selbst frei zu bestimmen. Dies geht aus einem Urteil des Thüringer Landes­a­r­beits­ge­richts hervor.

Der Freistaat Thüringen beschäftigte seit 1991 den Mitarbeiter K. Er ist Jurist und studierter Diplom­psy­chologe. Er arbeitete in gehobener Stellung, kam aber seit Beginn seiner Anstellung immer wieder zu spät zum Dienst. Anfangs blieb es bei mündlichen Rügen. Es folgten mehrere schriftliche Ermahnungen und Abmahnungen. Nun konnte K. nachlesen, dass auch er seine Arbeitszeit einhalten muss. Anderenfalls wird er eine Kündigung erhalten. Trotzdem kam er insgesamt mehr als hundert Mal zu spät zum Dienst. Er begründete seine Verspätungen mit allerlei Gründen und vor allem mit der fehlerhaften Zeiterfassung im Amt. Nach langen Querelen mit Kollegen und Vorgesetzten wurde eine neue Funkuhr gekauft, die nun auch K. akzeptierte. Er kam trotzdem weiter zu spät. Es kam erneut zu Streit mit seinen Kollegen, bis hin zu Beleidigungen, da auch einige von ihnen länger im Amt bleiben mussten, bis K. seine Arbeit abends nachgeholt hatte. Schließlich forderte selbst der Personalrat seine Entfernung aus dem Amt. Nachdem K. erneut über drei Stunden zu spät gekommen war, reichte es dem Freistaat. Er kündigte außerordentlich und für alle Fälle nochmals ordentlich.

Arbeitnehmer legt ärztliches Attest zu thera­pie­re­sis­tenten Psychotrauma vor

Hiergegen klagte K. vor dem Arbeitsgericht Suhl. Erst hier legte K. zahlreiche ärztliche Bescheinigungen vor, nach denen er an einem hochgradig thera­pie­re­sis­tenten Psychotrauma leide. Dies hindere ihn daran, den genauen Zeitpunkt seines Arbeitsantritts selbst zu steuern. Dass er bislang allerlei sonstige Gründe vorgeschoben habe, sei Teil einer krankhaften Verdrän­gungs­tendenz. Der Freistaat hielt dies pauschal für Schutz­be­haup­tungen.

Fristgemäße Kündigung zulässig – Arbeitgeber hat berechtigtes Interesse an angemessener vertragsgemäßer Arbeitsleistung

Dies genügte dem Arbeitsgericht Suhl nicht und gab dem Kläger recht. Der Freistaat wollte das Urteil nicht akzeptieren und legte Berufung beim Thüringer Landes­a­r­beits­gericht ein. In zahlreichen Verhandlungen wurde der Streit nun erneut aufgerollt und weitere Fakten vorgetragen. Diese führten nun zu einer teilweisen Abänderung des ursprünglichen Urteils. Es blieb dabei, dass die außer­or­dentliche Kündigung unwirksam ist. Wer bei einem so hartnäckigen Zuspätkommen derart lange wartet, bis er kündigt, kann auch die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abwarten. Nach Auffassung des Thüringer Landes­a­r­beits­ge­richts wurde das Arbeits­ver­hältnis aber durch die ordentliche Kündigung beendet. Stimmt das Argument des Freistaates, dass das Psychotrauma nur vorgeschoben ist, muss K. sein hartnäckiges Fehlverhalten verantworten. Kann K. tatsächlich sein Verhalten nicht steuern, führt dies gleichwohl zu einer sehr schwerwiegenden Störung des Arbeits­ver­hält­nisses. Der Freistaat hat ein berechtigtes Interesse an einer angemessenen vertragsgemäßen Arbeitsleistung. Er muss für reibungslos funktionierende Betriebsabläufe sorgen. Wesentlich war auch der durch K. massiv gestörte Betriebsfriede. Da die psychische Störung nach den ärztlichen Befunden hochgradig thera­pie­re­sistent ist, war es dem Freistaat nicht zuzumuten, K. über die Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen.

Quelle: ra-online, Thüringer LAG

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