Sozialgericht Osnabrück Urteil23.01.2018
Gesetzliche Krankenversicherung muss Kosten für sogenannte Fettschürzenresektion erstattenAuch Entstellung kann ausnahmsweise Krankheitswert haben und Operation rechtfertigen
Kostenübernahme einer sogenannten Fettschürzenresektion durch die gesetzliche Krankenversicherung Das Sozialgericht Osnabrück hat entschieden, dass die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet ist, einer Versicherten die Kosten für eine Fettschürzenresektion in Höhe von 5.712 Euro zu erstatten.
Die 1979 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist Krankenschwester und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. In der Zeit von November 2013 bis Spätsommer 2015 nahm sie 46 kg ab. Sie wiegt seither bei einer Größe von 170 cm 73,5 kg. Die Klägerin beantragte im Juni 2015 unter Beifügung einer ärztlichen Empfehlung die Kostenübernahme einer Fettschürzenresektion durch die Beklagte. Nach Einholung einer Stellungnahme durch ihren medizinischen Dienst lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Die Haut sei durch gute Pflege reizlos, eine zu befürchtende optische Entstellung sei durch ein Mieder kompensierbar.
Am 13. Januar 2017 ließ die Klägerin die Fettschürze entfernen. Hierfür entstanden ausweislich der Rechnung Kosten in Höhe von 5 712 Euro, welche durch die Klägerin beglichen wurden.
Sozialgericht bejaht Anspruch auf Kostenerstattung
Das Sozialgericht Osnabrück gab der auf Kostenerstattung gerichteten Klage der Klägerin in Höhe von 5.712 Euro statt. Zur Begründung stellte das Gericht darauf ab, dass bei der Klägerin zwar keine funktionellen Einschränkungen mit Krankheitswert und auch keine durch die Fettschürze bedingte behandlungsbedürftige Hauterkrankung vorlagen. Mit der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung kann jedoch ausnahmsweise eine Entstellung Krankheitswert haben und eine Operation rechtfertigen. Eine solche Entstellung lag bei der Klägerin durch die Größe und das Erscheinungsbild der Fettschürze vor. Nach Inaugenscheinnahme einer Fotodokumentation über den Zustand vor der Operation bestand bei objektiver Betrachtungsweise zu Überzeugung des Gerichts ein Erscheinungsbild, welches ungewöhnlich war und sich nicht mehr innerhalb der Normvarianz bewegte. Dabei hat das Gericht auch das ansonsten schlanke Erscheinungsbild der Klägerin beachtet, welches durch das Herunterhängen der Hautschürze in mindestens zwei Falten deutlich über dem Hosenbund außergewöhnlich prominent sichtbar war. Darüber hinaus berücksichtigte das Gericht, dass die Klägerin angesichts der obligaten Berufskleidung als Stationsschwester im Krankenhaus nur begrenzte Möglichkeiten hatte, die Hautfalten zu kaschieren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.02.2018
Quelle: Sozialgericht Osnabrück/ra-online