18.10.2024
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil19.03.2021

Stealthing: Heimliches Entfernen des Kondoms bei Geschlechts­verkehr als sexueller Übergriff strafbarEjakulation in Opfer nicht Voraussetzung für Strafbarkeit

Wer das Kondom während des Geschlechts­verkehrs heimlich entfernt und damit gegen den klar geäußerten Willen des Sexualpartners handelt (sog. Stealthing), kann sich wegen sexuellen Übergriffs gemäß § 177 Abs. 1 StGB strafbar machen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Täter in das Opfer ejakuliert. Dies hat das Oberlan­des­gericht Schleswig-Holstein entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Abend im März 2018 kam es in einer Wohnung zwischen einer Frau und einem Mann zu einver­nehm­lichen Geschlechtsverkehr. Die Frau hatte dabei mehrfach darauf hingewiesen, dass sie nur mit einem Kondom Geschlechts­verkehr haben will. Zwar kam es nachfolgend zum Geschlechts­verkehr mit einem Kondom, der Mann entfernte dies aber währenddessen heimlich. Die Frau bemerkte dies erst nach Abschluss des Geschlechts­verkehrs. Der Mann wurde anschließend wegen sexuellen Übergriffs angeklagt.

Amtsgericht entschied auf Freispruch

Das Amtsgericht Kiel sprach den Angeklagten frei. Denn der Geschlechts­verkehr habe einvernehmlich stattgefunden. Abzustellen sei nicht auf das Einvernehmen hinsichtlich des durch Kondom geschützten Geschlechts­verkehrs, sondern hinsichtlich des Geschlechts­verkehrs an sich. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Staats­an­walt­schaft.

Oberlan­des­gericht bejaht Strafbarkeit des Stealthing

Das Oberlan­des­gericht folgte nicht der Ansicht des Amtsgerichts. Das Stealthing sei grundsätzlich als sexueller Übergriff nach § 177 Abs. 1 StGB strafbar. Es sei zu beachten, dass mit dem Geschlechts­verkehr ohne Kondom das Tatopfer nicht einverstanden war. Mit dem erneuten Eindringen ohne Kondom werde der vorherige einvernehmliche Geschlechts­verkehr nicht bloß fortgesetzt, sondern ein andere sexuelle Handlung vorgenommen. Zu dieser Handlung müsse ebenfalls Einverständnis bestehen. Geschlechts­verkehr ohne Kondom habe gegenüber Geschlechts­verkehr mit Kondom eine eigene und andere Qualität.

Ejakulation in Opfer nicht Voraussetzung für Strafbarkeit

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts komme es für die Strafbarkeit nicht darauf an, ob es zu einer Ejakulation gekommen ist. Zwar vergrößere eine Ejakulation das Risikopotential für das Opfer. Zudem sei der Eingriff in die sexuelle Selbst­be­stimmung intensiver. Dennoch sei die strafbare Handlung bereits das Eindringen in das Opfer ohne Kondom.

Quelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, ra-online (vt/rb)

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