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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil22.06.2017
Verkehrssicherungspflicht bei Glastüren im HoteleingangsbereichSchmerzensgeld- und Sachschadenersatzverpflichtung für Hotelbetreiber
Wird ein Hoteleingang so gestaltet, dass eine gläserne Drehtür seitlich durch ein Glaselement eingefasst wird, das in Augenhöhe aber nicht gekennzeichnet ist, dann verletzt der Hotelbetreiber damit seine Verkehrssicherungspflicht. Dies hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden.
Im vorliegenden Fall waren zum Unfallzeitpunkt die 86-jährige Klägerin und ihr Ehemann Gäste in einem Hotel an der Ostsee, das von dem Beklagten betrieben wird. Am letzten Abend ihres 4-tägigen Aufenthalts stürzte die Klägerin bei dem Versuch, das Hotel durch eine gläserne Drehtür zu betreten. Sie hatte sich der Drehtür aus der Richtung des außen angebrachten Treppengeländers von der Seite genährt. Dabei übersah sie, dass die ebenfalls gläserne Einfassung der Drehtür dort keine Öffnung hatte. Sie stieß deshalb gegen diese Einfassung, stürzte und verletzte sich erheblich.
Klage auf Schmerzensgeld und Sachschadensersatz nur teilweise erfolgreich
Sie verlangt nun vom Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld und Sachschadensersatz. Das Landgericht Lübeck hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht hat der Klage zum Teil stattgegeben, weil der Beklagte gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat, die Klägerin jedoch ein Mitverschulden trifft.
Weißer Rahmen für Erkennbarkeit der Glasfläche nicht ausreichend
Nach § 38 Absatz 2 Landesbauordnung muss eine Glasfläche, die bis zum Boden reicht, so gekennzeichnet werden, dass sie leicht erkennbar ist. Der Beklagte hat die ihm hiernach obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil es an einer derartigen Kennzeichnung fehlt. Der mehrere Zentimeter breite weiße Rahmen reicht für eine leichte Erkennbarkeit des Elements nicht aus, weil er nur einen kleinen Teil der gesamten Fläche ausmacht. Es reicht ebenfalls nicht, dass der gesamte Eingangsbereich gut erkennbar ist. Erforderlich ist vielmehr, dass leicht zu erkennen ist, wo sich die Öffnung der Tür befindet. Der Beklagte durfte auch nicht davon ausgehen, dass sich Besucher der Glastür stets vorsichtig nähern.
Uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Benutzers nicht zu verlangen
Zwar hat auch der Fußgänger bei der Benutzung einer Drehtür besondere Sorgfalt anzuwenden. So muss er darauf achten, dass er die Drehtür an ihrer Öffnung betritt und nicht gegen die rotierenden Türflügel stößt. Aber gerade wegen der erforderlichen erhöhten Aufmerksamkeit auf das Drehelement besteht die Gefahr, dass einzelne andere Details übersehen werden. Darüber hinaus kann vom Benutzer keine uneingeschränkte Aufmerksamkeit auf die Tür verlangt werden. Vielmehr ist es üblich, dass sich Fußgänger einer Tür nähern, während sie sich im Gespräch befinden. In Hotel- und Gastronomiebetrieben ist es zudem nicht unüblich, dass Gäste in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit durch Alkoholkonsum eingeschränkt sind. Erhöht wurde die Gefahr eines Unfalls hier noch durch eine besondere Wegführung. Die Außentreppe, die auf die Drehtür zuführt, ist wesentlich breiter als die Tür selbst. Das Treppengeländer ist ganz am linken Rand angebracht, so dass ältere oder gehbehinderte Hotelgäste nicht mittig - also dort, wo die Öffnung ist - auf die Drehtür zugehen, sondern von der linken Seite aus. Sie müssen sich dann am Ende des Geländers zunächst zurück in Richtung Treppe begeben, um dann nach einer weiteren Kurve die Drehtür in der Mitte des Eingangsbereichs zu betreten.
Mitverschulden der Klägerin zu ein Drittel
Die Klägerin trifft allerdings ein Mitverschulden in Höhe eines Drittels. Die Glasfläche war - wenn auch nicht leicht - grundsätzlich erkennbar. Die gesamte räumliche Situation wies eine gewisse Unübersichtlichkeit auf, weshalb eine besondere Vorsicht geboten war. Überdies war die Situation für die Klägerin nicht neu oder überraschend, denn sie war bereits drei Tage Gast im Hotel.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.07.2017
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ ra-online
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