23.11.2024
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil22.06.2017

Verkehrs­si­che­rungs­pflicht bei Glastüren im Hotel­ein­gangs­bereichSchmerzensgeld- und Sachscha­den­er­satz­ver­pflichtung für Hotelbetreiber

Wird ein Hoteleingang so gestaltet, dass eine gläserne Drehtür seitlich durch ein Glaselement eingefasst wird, das in Augenhöhe aber nicht gekennzeichnet ist, dann verletzt der Hotelbetreiber damit seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht. Dies hat das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschieden.

Im vorliegenden Fall waren zum Unfallzeitpunkt die 86-jährige Klägerin und ihr Ehemann Gäste in einem Hotel an der Ostsee, das von dem Beklagten betrieben wird. Am letzten Abend ihres 4-tägigen Aufenthalts stürzte die Klägerin bei dem Versuch, das Hotel durch eine gläserne Drehtür zu betreten. Sie hatte sich der Drehtür aus der Richtung des außen angebrachten Treppen­ge­länders von der Seite genährt. Dabei übersah sie, dass die ebenfalls gläserne Einfassung der Drehtür dort keine Öffnung hatte. Sie stieß deshalb gegen diese Einfassung, stürzte und verletzte sich erheblich.

Klage auf Schmerzensgeld und Sachscha­den­s­ersatz nur teilweise erfolgreich

Sie verlangt nun vom Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld und Sachscha­den­s­ersatz. Das Landgericht Lübeck hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg. Das Oberlan­des­gericht hat der Klage zum Teil stattgegeben, weil der Beklagte gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat, die Klägerin jedoch ein Mitverschulden trifft.

Weißer Rahmen für Erkennbarkeit der Glasfläche nicht ausreichend

Nach § 38 Absatz 2 Landes­bau­ordnung muss eine Glasfläche, die bis zum Boden reicht, so gekennzeichnet werden, dass sie leicht erkennbar ist. Der Beklagte hat die ihm hiernach obliegende Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt, weil es an einer derartigen Kennzeichnung fehlt. Der mehrere Zentimeter breite weiße Rahmen reicht für eine leichte Erkennbarkeit des Elements nicht aus, weil er nur einen kleinen Teil der gesamten Fläche ausmacht. Es reicht ebenfalls nicht, dass der gesamte Eingangsbereich gut erkennbar ist. Erforderlich ist vielmehr, dass leicht zu erkennen ist, wo sich die Öffnung der Tür befindet. Der Beklagte durfte auch nicht davon ausgehen, dass sich Besucher der Glastür stets vorsichtig nähern.

Unein­ge­schränkte Aufmerksamkeit des Benutzers nicht zu verlangen

Zwar hat auch der Fußgänger bei der Benutzung einer Drehtür besondere Sorgfalt anzuwenden. So muss er darauf achten, dass er die Drehtür an ihrer Öffnung betritt und nicht gegen die rotierenden Türflügel stößt. Aber gerade wegen der erforderlichen erhöhten Aufmerksamkeit auf das Drehelement besteht die Gefahr, dass einzelne andere Details übersehen werden. Darüber hinaus kann vom Benutzer keine unein­ge­schränkte Aufmerksamkeit auf die Tür verlangt werden. Vielmehr ist es üblich, dass sich Fußgänger einer Tür nähern, während sie sich im Gespräch befinden. In Hotel- und Gastro­no­mie­be­trieben ist es zudem nicht unüblich, dass Gäste in ihrer Wahrneh­mungs­fä­higkeit durch Alkoholkonsum eingeschränkt sind. Erhöht wurde die Gefahr eines Unfalls hier noch durch eine besondere Wegführung. Die Außentreppe, die auf die Drehtür zuführt, ist wesentlich breiter als die Tür selbst. Das Treppengeländer ist ganz am linken Rand angebracht, so dass ältere oder gehbehinderte Hotelgäste nicht mittig - also dort, wo die Öffnung ist - auf die Drehtür zugehen, sondern von der linken Seite aus. Sie müssen sich dann am Ende des Geländers zunächst zurück in Richtung Treppe begeben, um dann nach einer weiteren Kurve die Drehtür in der Mitte des Eingangs­be­reichs zu betreten.

Mitverschulden der Klägerin zu ein Drittel

Die Klägerin trifft allerdings ein Mitverschulden in Höhe eines Drittels. Die Glasfläche war - wenn auch nicht leicht - grundsätzlich erkennbar. Die gesamte räumliche Situation wies eine gewisse Unüber­sicht­lichkeit auf, weshalb eine besondere Vorsicht geboten war. Überdies war die Situation für die Klägerin nicht neu oder überraschend, denn sie war bereits drei Tage Gast im Hotel.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ ra-online

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