Dokument-Nr. 29108
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Sächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss21.08.2020
Masernimpfpflicht auch bei einem Wechsel zwischen KinderbetreuungseinrichtungenAuslegung der "Masern-Regelung" des Infektionsschutzgesetzes
Kitas dürfen Kinder, die aus einer anderen Einrichtung wechseln und nicht geimpft oder immun sind, ablehnen. Dies entschied der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in einem Beschluss, mit dem ein zuvor anderslautender Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz abgeändert worden ist.
Das Infektionsschutzgesetz, das durch das Masernschutzgesetz vom 10. Februar 2020 abgeändert worden ist, sieht u. a. vor, dass Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, entweder einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder eine Immunität gegen Masern aufweisen müssen, wenn sie in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden oder dort tätig sind. Solche Gemeinschaftseinrichtungen sind u. a. Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte. Die betroffenen Personen müssen vor Beginn ihrer Betreuung oder ihrer Tätigkeit in einer Gemeinschaftseinrichtung diesen Impfschutz oder ihre Immunität nachweisen. Weiter regelt das Gesetz, dass Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden oder dort tätig sind, einen Nachweis bis zum Ablauf des 31. Juli 2021 vorzulegen haben.
Eltern eines Kindes verlangten Aufnahme ihres Kindes in die Kinderbetreuung ohne den Nachweis eines ausreichenden Impfschutzes oder Immunität gegen Masern
Die Antragsteller des Verfahrens, Eltern eines zuvor in einer Kindertagespflege (Tagesmutter) betreuten Kindes, hatten von einer Gemeinde die Aufnahme ihres Kindes in die gemeindliche Kindertageseinrichtung und seine Betreuung verlangt, ohne bis zum 31. Juli 2021 den Nachweis eines ausreichenden Impfschutzes oder Immunität gegen Masern führen zu müssen.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass sich auf den Aufschub zum Führen des Nachweises über eine Masernschutzimpfung oder Immunität gegen Masern nicht berufen könne, wer vor dem Stichtag des 1. März 2020 bereits in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut wurde und danach in eine andere Betreuungseinrichtung wechsele. Zwar seien die gesetzlichen Regelungen nicht eindeutig. Die Auslegung der Regelung des Infektionsschutzgesetzes über den Aufschub der Nachweispflicht ergebe jedoch, dass diese nur solche Personen betreffe, die vor dem 1. März 2020 in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut oder dort tätig seien und dort auch bis zum 31. Juli 2021 verblieben. Dafür spreche die Systematik der Regelung sowie maßgeblich deren Sinn und Zweck. Der Gesetzgeber habe erreichen wollen, dass ein Schutz gegen die Ansteckung mit Masern, einer Krankheit, die schwer verlaufen und Komplikationen und Folgeerkrankungen nach sich ziehen könne und deshalb nicht harmlos sei, möglichst frühzeitig erreicht werden solle. Von einem Gemeinschaftsschutz würden besonders solche Personen profitieren, die wegen ihrer gesundheitlichen Verfassung keine Impfung in Anspruch nehmen könnten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.08.2020
Quelle: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)
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