Sozialgericht Wiesbaden Urteil29.11.2007
Botox: Bei übermäßiger Schweißneigung können Kosten für Botox-Behandlung erstattungsfähig seinKrankenkasse muss Kosten für noch nicht zugelassene Behandlung übernehmen - Zugelassene Methoden sind bisher erfolglos geblieben
Krankenkassen müssen die Kosten für die Behandlung einer übermäßigen Schweißneigung an den Handflächen (palmoplantare Hyperhidrosis) mit Botulinumtoxin A übernehmen, obwohl es arzneimittelrechtlich nur für andere Formen der Hyperhidrosis zugelassen ist (sog. „Off-Label-Use“). Das Sozialgericht Wiesbaden gab der Klage einer Ergotherapeutin statt, die u. a. wegen der krankheitsbedingten Hindernisse im Beruf eine solche Behandlung beanspruchte.
Das Gericht folgte nicht der Auffassung der Krankenkasse, dass die Wirksamkeit der „Botox“-Behandlung noch nicht hinreichend nachgewiesen sei und zugelassene Alternativmethoden zur Verfügung stünden. Nach den Berichten der behandelnden Ärzte sei die Behandlung mit zugelassenen Methoden erfolglos geblieben. Die Anforderungen an die Aussicht auf einen Behandlungserfolg dürften nach Auffassung der 2. Kammer nicht überspannt werden. Das Bundesverfassungsgericht lasse im Beschluss vom 6. Dezember 2005 eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ausreichen. Es bedürfe einer besonderen Rechtfertigung, u. a. am Maßstab der allgemeinen Handlungsfreiheit und des Sozialstaatsprinzips, Leistungen zur Behandlung einer erheblichen Erkrankung den Versicherten vorzuenthalten. Ausdrücklich lies das Gericht offen, ob die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den beschriebenen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Wiesbaden vom 19.03.2008