21.11.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Gerichtsbescheid25.02.2010

Wird der Arbeitsweg für ein Privatgespräch unterbrochen, besteht kein Unfall­ver­si­che­rungs­schutzFinale Handlungs­tendenz des Versicherten muss auf das Zurücklegen des Arbeitsweges gerichtet sein, damit Unfall­ver­si­che­rungs­schutz besteht

Der Weg von der Arbeit zum Wohnort ist nur vom Schutz der Arbeits­un­fa­ll­ver­si­cherung erfasst, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. So darf der Versicherte seinen Arbeitsweg nicht aus privaten Gründen, die nichts mehr mit der eigentlichen Arbeit beziehungsweise dem Zurücklegen des Arbeitsweges zu tun haben, unterbrochen werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.

Der Kläger im vorliegenden Fall wollte einen Unfallschaden als Arbeitsunfall gerichtlich durchsetzen, nachdem die Versicherung eine Haftung für den entstandenen Schaden ausgeschlossen hatte. Der Kläger wurde während des Rückwärts­fahrens eines Lkw zwischen dem Fahrzeug und einer Gebäudewand eingequetscht, so dass eine sofortige intensiv-medizinische Behandlung nötig war.

Versicherung meint, der Unfall stand nicht im Zusammenhang mit der Arbeit­s­tä­tigkeit

In der Unfallanzeige hieß es, der Mann sei auf dem Weg zu seinem Arbeitgeber, einer Zeita­r­beitsfirma, von einem Lkw erfasst worden. Nach Meinung der Versicherung habe der Arbeitgeber des Klägers jedoch keine Unfallanzeige erstattet, da der Vorfall nicht im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer passiert sei. Der Arbeitgeber habe selbst erst durch die Zeitung von dem Unfall erfahren. Demnach bestehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz, da kein Arbeitsunfall vorliege.

Zurücklegen des Arbeitsweges war laut Versicherung nicht mehr erstes Ziel des Klägers

Das Versi­che­rungs­un­ter­nehmen stütze sich vor allem auf die Zeugenaussage eines guten Bekannten des Klägers. Der Zeuge gab an, der Kläger sei am Unfalltag zu ihm auf das Gelände und des Supermarktes und in den Bereich der Waren­an­lie­ferung gekommen und habe sich mit ihm unterhalten. Den rückwärts fahrenden Lkw hätten beide zwar bemerkt, jedoch nicht weiter reagiert, da sie davon ausgingen, das Fahrzeug würde rechtzeitig stoppen. Nach Meinung der Versicherung habe sich der Mann damit von seinem direkten Weg zum Arbeitgeber entfernt, um aus eigen­wirt­schaft­lichen Gründen die Ladezone, an der sich der Unfall schließlich ereignete, aufzusuchen. Dort habe er private Kontakte gepflegt. Ein Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit bestehe nicht, da die finale Handlungs­tendenz nicht mehr auf das Zurücklegen des Arbeitsweges gerichtet gewesen sei.

Arbeitskollege angeblich nur zufällig getroffen

Der Kläger bestritt die Behauptungen der Versicherung und erklärte, sich auf direktem Weg zu seinem Arbeitgeber und damit während des Unfall­ge­schehens auf dem gesetzlich versicherten Arbeitsweg befunden zu haben. Er habe seinen Arbeitskollegen nur zufällig getroffen, und deshalb keine Unterbrechung seines Arbeitsweges vorgenommen.

Wenn private Unterhaltung länger als 10 Minuten dauert, gilt der Arbeitsweg als unterbrochen

Das Sozialgericht Karlsruhe bestätigte die Rechtmäßigkeit der Zahlungs­ver­wei­gerung der Versicherung. Der Versi­che­rungs­schutz für Arbeitsunfälle umfasse auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusam­men­hän­genden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Das Verhalten des Versicherten müsse jedoch in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der Betrie­b­s­tä­tigkeit stehen. Der Versi­che­rungs­schutz scheide selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf dem für gewöhnlich genutzten Weg von der Arbeitsstätte zum Wohnort ereigne, es aber an einem inneren Zusammenhang fehle, beispielsweise wenn eigen­wirt­schaftliche, also private, Gründe vorliegen würden. Für den Versi­che­rungs­schutz unschädlich wären jedoch ganz kleine private Zwecke, die "so im Vorbeigehen" erledigt werden könnten. Dazu zähle beispielsweise das Einwerfen eines Briefes oder das Ziehen einer Zigaret­ten­schachtel aus einem Automaten. Als nicht mehr geringfügig anzusehen sei dagegen eine private Unterhaltung von mehr als 10 Minuten Dauer. Im vorliegenden Fall hätten Gründe vorgelegen, die den Versi­che­rungs­ausfall ausschlossen. Der Kläger habe sich von seinem eigentlichen Arbeitsweg entfernt, um ein länger andauerndes privates Gespräch zu führen.

Quelle: ra-online, Sozialgericht Karlsruhe (vt/st)

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