Der Kläger im vorliegenden Fall wollte einen Unfallschaden als Arbeitsunfall gerichtlich durchsetzen, nachdem die Versicherung eine Haftung für den entstandenen Schaden ausgeschlossen hatte. Der Kläger wurde während des Rückwärtsfahrens eines Lkw zwischen dem Fahrzeug und einer Gebäudewand eingequetscht, so dass eine sofortige intensiv-medizinische Behandlung nötig war.
In der Unfallanzeige hieß es, der Mann sei auf dem Weg zu seinem Arbeitgeber, einer Zeitarbeitsfirma, von einem Lkw erfasst worden. Nach Meinung der Versicherung habe der Arbeitgeber des Klägers jedoch keine Unfallanzeige erstattet, da der Vorfall nicht im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer passiert sei. Der Arbeitgeber habe selbst erst durch die Zeitung von dem Unfall erfahren. Demnach bestehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz, da kein Arbeitsunfall vorliege.
Das Versicherungsunternehmen stütze sich vor allem auf die Zeugenaussage eines guten Bekannten des Klägers. Der Zeuge gab an, der Kläger sei am Unfalltag zu ihm auf das Gelände und des Supermarktes und in den Bereich der Warenanlieferung gekommen und habe sich mit ihm unterhalten. Den rückwärts fahrenden Lkw hätten beide zwar bemerkt, jedoch nicht weiter reagiert, da sie davon ausgingen, das Fahrzeug würde rechtzeitig stoppen. Nach Meinung der Versicherung habe sich der Mann damit von seinem direkten Weg zum Arbeitgeber entfernt, um aus eigenwirtschaftlichen Gründen die Ladezone, an der sich der Unfall schließlich ereignete, aufzusuchen. Dort habe er private Kontakte gepflegt. Ein Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit bestehe nicht, da die finale Handlungstendenz nicht mehr auf das Zurücklegen des Arbeitsweges gerichtet gewesen sei.
Der Kläger bestritt die Behauptungen der Versicherung und erklärte, sich auf direktem Weg zu seinem Arbeitgeber und damit während des Unfallgeschehens auf dem gesetzlich versicherten Arbeitsweg befunden zu haben. Er habe seinen Arbeitskollegen nur zufällig getroffen, und deshalb keine Unterbrechung seines Arbeitsweges vorgenommen.
Das Sozialgericht Karlsruhe bestätigte die Rechtmäßigkeit der Zahlungsverweigerung der Versicherung. Der Versicherungsschutz für Arbeitsunfälle umfasse auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Das Verhalten des Versicherten müsse jedoch in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit stehen. Der Versicherungsschutz scheide selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf dem für gewöhnlich genutzten Weg von der Arbeitsstätte zum Wohnort ereigne, es aber an einem inneren Zusammenhang fehle, beispielsweise wenn eigenwirtschaftliche, also private, Gründe vorliegen würden. Für den Versicherungsschutz unschädlich wären jedoch ganz kleine private Zwecke, die "so im Vorbeigehen" erledigt werden könnten. Dazu zähle beispielsweise das Einwerfen eines Briefes oder das Ziehen einer Zigarettenschachtel aus einem Automaten. Als nicht mehr geringfügig anzusehen sei dagegen eine private Unterhaltung von mehr als 10 Minuten Dauer. Im vorliegenden Fall hätten Gründe vorgelegen, die den Versicherungsausfall ausschlossen. Der Kläger habe sich von seinem eigentlichen Arbeitsweg entfernt, um ein länger andauerndes privates Gespräch zu führen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.03.2012
Quelle: ra-online, Sozialgericht Karlsruhe (vt/st)