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Sozialgericht Karlsruhe Urteil30.01.2014
Mehrbedarf für Merkzeichen "G" auch rückwirkend nach Bestandskraft eines Bescheids über Grundsicherungsleistungen möglichNachweis über anderweitige Mittel zur Bedarfsdeckung in der Vergangenheit nicht erforderlich
Hatte der Grundsicherungsträger zum Zeitpunkt des Erlasses eines Leistungsbescheides lediglich keine Kenntnis vom Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Nachteilsausgleich "G" auf Seiten des Hilfeempfängers, ist der Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII im Rahmen eines Rücknahmeverfahrens nach § 44 SGB X auch ohne Nachweis einer konkreten anderweitigen Bedarfsdeckung nachzugewähren. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.
Der 1942 geborene Kläger des zugrunde liegenden Falls bezieht von dem beklagten Grundsicherungsträger seit dem 2010 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XI. Für den Zeitraum von Januar bis September 2012 hatte die Beklagte diese Leistungen durch bestandskräftig gewordene Bescheide festgesetzt und dabei als Bedarf neben dem Regelsatz Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers und Kosten der Unterkunft berücksichtigt. Im September 2012 legte der Kläger der Beklagten einen im Februar 2012 ausgestellten Ausweis über die Feststellung eines Grades der Behinderung von 100 und die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ ab November 2011 vor. Der beklagte Grundsicherungsträger setzte daraufhin die Höhe der Leistungen ab September 2012 neu fest und berücksichtigte nunmehr auch einen Mehrbedarf für erheblich gehbehinderte Menschen von monatlich 63,58 Euro. Den später gestellten Antrag des Hilfeempfängers, ihm unter Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide diesen Mehrbedarf auch für die Monate Februar bis August 2012 (nach)zugewähren, lehnte die Beklagte dagegen ab.
Kläger muss Mittel für bisherige Bedarfsdeckung nicht nachweisen
Die deswegen zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage hatte teilweise Erfolg und führte zur Zuerkennung des beanspruchten Mehrbedarfs auch für die Monate Juli und August 2012. Zwar habe der Kläger bei der jeweiligen Antragstellung nicht auf die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ hingewiesen; dies sei indes unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung unschädlich, weil der Antrag grundsätzlich auf alle in Betracht kommenden Leistungen ausgerichtet sei. In Bezug auf den Mehrbedarf „G“ sehe das Gesetz zudem eine pauschalierte Leistung in Höhe von 17 % des maßgebenden Regelsatzes vor und gehe typisierend von einem gegenüber einem nicht-gehbehinderten Menschen erhöhten Bedarf aus. Deshalb müsse der Kläger auch nicht nachweisen, wie und aus welchen Mitteln er in der Vergangenheit diesen erhöhten Bedarf gedeckt habe, wenn - wie hier - seine Bedürftigkeit ununterbrochen fortbestehe.
Für die ebenfalls streitigen Monate Februar bis Juni 2012 hatte die Klage dagegen keinen Erfolg, weil der diese Zeitspanne regelnde Bescheid bei seinem Erlass im Dezember 2011 nicht rechtswidrig war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.04.2014
Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online
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