Dokument-Nr. 20806
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- Hautstraffungsoperation nach massiver Gewichtsabnahme: Leistungspflicht der Krankenkasse nur bei medizinischer OperationsnotwendigkeitSozialgericht Mannheim, Urteil21.01.2014, S 9 KR 2546/12
- Krankenkasse muss innerhalb von drei Wochen über Anträge von Versicherten entscheidenSozialgericht Dessau-Roßlau, Urteil18.12.2013, S 21 KR 282/13
Sozialgericht Heilbronn Urteil11.03.2015
Vom Versicherten beantragte Hautstraffungs-OP gilt bei nicht rechtzeitiger Entscheidung der Krankenkasse als genehmigtLeistung gilt nach Ablauf der Frist ohne Mitteilung eines hinreichenden Grundes für eine Ablehnung als genehmigt
Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass eine beantragte Hautstraffungs-Operation dann als genehmigt gilt, wenn die Krankenkasse nicht rechtzeitig entscheidet oder zumindest über Verzögerung hinreichend informiert.
Die 55jährige, bei der beklagten Krankenkasse (BKK) versicherte Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls lebt bei Ludwigsburg. Nach einer von der BKK bezahlten Schlauchmagen-Operation im September 2012 verlor sie knapp 50kg. Bei einer Größe von 146 cm wiegt sie seit mehr als zwei Jahren nunmehr "stabil" 43kg. Ende 2013 beantragte sie bei ihrer BKK die operative Straffung von erheblichen Hautüberschüssen an verschiedenen Körperpartien. Zur Begründung führte sie aus, dass sie aufgrund ihrer drastischen Gewichtsreduktion am ganzen Körper schmerzhafte Hautlappen habe. Ihr Gesäß habe so viele Hautfalten, dass sie nicht mehr schmerzfrei sitzen könne. Unter ihren hängenden Brüsten, an ihrem Bauch und im Nabelbereich habe sie schmerzhafte Pilzinfektionen und übelriechende Wunden. Sie schlafe daher sehr unruhig, zumal sie an ihren Hautlappen hängen bleibe und ihr dies sehr wehtue. Aus Scham zeige sie sich in der Öffentlichkeit nur mit vollständiger Körperbedeckung.
Krankenkasse lehnt Antrag auf Hautstraffung erst nach einem halben Jahr größtenteils ab
Ohne die Klägerin schriftlich darüber zu informieren, dass sie den Antrag nicht binnen der gesetzlichen Fünfwochenfrist bearbeiten könne, lehnte die BKK es erst ein halbes Jahr nach Antragsstellung ab, die Kosten für die operative Hautstraffung in den Bereichen Oberarme, Gesäß und Oberschenkel zu übernehmen. Denn insoweit lägen "keine organischen Beeinträchtigungen" vor. Hingegen bewilligte die BKK die Kostenübernahme für eine operative Hautstraffung der Bauchwand und der Brüste.
Klägerin beantragt, abgelehnte Bereiche wegen Fristversäumnis als genehmigt anzuerkennen
Die Klägerin klagte auf Feststellung, dass der Antrag hinsichtlich der abgelehnten Bereiche als genehmigt gilt. Die BKK entgegnete, dass sie zwar einräume, die gesetzlichen Fristen und Mitteilungspflichten nicht eingehalten zu haben. Allerdings sei eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten, weil insoweit weder eine Krankheit vorliege noch eine Operation wirtschaftlich sei.
Auslegung der Krankenkasse würde Sanktionscharakter des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V leer laufen lassen
Die Klage war erfolgreich. Das Sozialgericht Heilbronn entschied, dass es den Sanktionscharakter des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V und die Genehmigungsfiktion dieser Vorschrift leer laufen lassen würde, wenn die beklagte Krankenkasse nach Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften im weiteren (Klage-)Verfahren mit Erfolg einwenden könnte, die beantragte Leistung hätte gar nicht bewilligt werden dürfen. Eine solche Auslegung würde die Genehmigungsfiktion leer laufen lassen und widerspräche auch deren eindeutigem Wortlaut. Zudem hätte ein Versicherter auch nach Verstoß der Krankenkasse gegen die in § 13 Abs. 3a SGB V normierten Fristen keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zumindest die Kosten hierfür erstattet werden. Dies könne nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abziele, die Rechte des Patienten zu stärken und generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern.
Hinweis zur Rechtslage:
§ 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V] in der Fassung des Patientenrechtegesetzes :
Erläuterungen
(1) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden.
(2) Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten.
(3) Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung.
(4) [...]
(5) Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1[...] nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit.
(6) Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
(7) Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.03.2015
Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online
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