23.11.2024
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Sozialgericht Heilbronn Urteil23.04.2014

Jobcenter hat nur Anspruch auf Erstattung von Unter­kunfts­kosten bei Unterbringung einer Frau im FrauenhausKosten für psychosoziale Betreuungen müssen nur bei entsprechender Vereinbarung erstattet werden

Ein Landkreis ist grundsätzlich dazu verpflichtet, dem Jobcenter die Kosten zu erstatten, die durch die Aufnahme einer Frau in einem Frauenhaus entstanden sind. Kosten für psychosoziale Betreuungen gehören jedoch nicht dazu, da es sich hierbei um Leistungen handelt, die für die Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich sind. Zur Erstattung dieser Kosten ist der Landkreis nur dann verpflichtet, wenn eine Vereinbarung u.a. über die Prüfung der Wirtschaft­lichkeit und Qualität der Leistungen besteht. Dies hat das Sozialgericht Heilbronn entschieden.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine 1955 geborene, mittellose Frau lebte mit ihrem alkoho­l­ab­hängigen und gewalttätigen Ehemann im Landkreis Freudenstadt. Im Dezember 2010 floh sie in das Heilbronner Frauenhaus, das vom Diakonischen Werk betrieben wird. Dort wurde sie bis Ende September 2011 betreut. Das Jobcenter Stadt Heilbronn zahlte an das Diakonische Werk für die Unterkunft der Frau knapp 3.500 Euro und für deren psychosoziale Betreuung rund 25.000 Euro.

Landkreis verweigert Erstattung der Betreu­ungs­kosten

Der Landkreis Freudenstadt erstattete dem Heilbronner Jobcenter nur die Kosten für die Unterkunft, aber nicht die Betreu­ungs­kosten: Der Tagessatz des Heilbronner Frauenhauses von mehr als 100 Euro sei weit überhöht - der Durch­schnittssatz in Baden-Württemberg betrage nur 40 Euro täglich. Darüber hinaus fehle es an einem Vertrag zwischen dem Jobcenter Stadt Heilbronn und dem Diakonischen Werk mit den gesetzlichen Mindest­standards.

Erstat­tungs­an­spruch für psychosozialen Betreu­ungs­leis­tungen besteht nur bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung

Das Jobcenter Stadt Heilbronn verklagte daraufhin den Landkreis Freudenstadt auf Erstattung der gezahlten Betreuungskosten. Das Sozialgericht Heilbronn wies die Klage jedoch ab. Zwar sei der Landkreis Freudenstadt als "Herkunfts­kommune" der Frau grundsätzlich verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständig gewordenen Jobcenter Stadt Heilbronn die Kosten zu erstatten. Allerdings handele es sich bei psychosozialen Betreu­ungs­leis­tungen um Leistungen, die für die Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich seien. Demnach sei der Beklagte zur Erstattung nur dann verpflichtet, wenn eine Vereinbarung u.a. über die Prüfung der Wirtschaft­lichkeit und Qualität der Leistungen bestehe. Hieran fehle es vorliegend. Dies könne nicht zulasten der Herkunfts­ge­meinde gehen. Insoweit habe es nämlich der hier klagende kommunale Träger selbst in der Hand, eine den gesetzlichen Minde­st­an­for­de­rungen entsprechende Vereinbarung mit dem Träger des Heilbronner Frauenhauses abzuschließen.

Hinweis zur Rechtslage:

§ 16 a Zweites Buch Sozial­ge­setzbuch [SGB II] - Kommunale Einglie­de­rungs­leis­tungen:

Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit können die folgenden Leistungen, die für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungs­be­rech­tigten in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden: [...] 3. die psychosoziale Betreuung, [...].

§ 17 SGB II - Einrichtungen und Dienste für Leistungen zur Eingliederung:

(1) Zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sollen die zuständigen Träger der Leistungen nach diesem Buch eigene Einrichtungen und Dienste nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können. [...]

(2) Wird die Leistung von einem Dritten erbracht [...], sind die Träger der Leistungen nach diesem Buch zur Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Dritten oder seinem Verband eine Vereinbarung insbesondere über

1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, 2. die Vergütung [...], und 3. die Prüfung der Wirtschaft­lichkeit und Qualität der Leistungen besteht.

Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaft­lichkeit, Sparsamkeit und Leistungs­fä­higkeit entsprechen.

§ 36 a SGB II - Koste­n­er­stattung bei Aufenthalt im Frauenhaus:

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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