23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.
ergänzende Informationen

Sozialgericht Düsseldorf Urteil13.06.2013

Tätlicher Angriff nach Bordellbesuch - Geschädigter hat Anspruch auf Opferent­schä­digungUnzureichende Ermittlungen von Polizei und Staats­an­walt­schaft nach erfolgter Straftat dürfen nicht zu Lasten des Betroffenen gehen

Das Sozialgericht Düsseldorf hat einem Mann aus Köln Beschädigten­versorgung nach dem Opfer­entschädigungs­gesetz zugesprochen. Ausschlaggebend war eine vom Gericht angenommene Beweis­la­st­umkehr zugunsten des Mannes wegen unzureichender polizeilicher Ermitt­lungs­arbeit. Das Gericht verwies darauf, dass unzureichende Ermittlungen nach einer Straftat nicht zu Lasten des Betroffenen gehen dürfen und daher die staatliche Opferent­schä­digung zu gewähren ist.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 1970 geborene Kläger türkischer Staats­an­ge­hö­rigkeit hatte beim beklagten Landschafts­verband Rheinland zur Begründung seines Antrags auf Beschä­dig­ten­ver­sorgung angegeben, dass er im Oktober 2008 nach einem Besuch in dem Kölner Bordell "Pascha" überfallen und mit einem Baseba­ll­schläger attackiert worden sei und dabei u. a. schwere Kopfver­let­zungen erlitten habe. Er leide noch heute unter den körperlichen und psychischen Folgen der Tat und sei seitdem erwerbsunfähig. Die Staats­an­walt­schaft Köln hat wegen gefährlicher Körper­ver­letzung ermittelt. Das Verfahren wurde im Dezember 2009 mangels hinreichenden Tatverdachts durch einen Amtsanwalt eingestellt.

Landschafts­verband Rheinland verweigert Opferent­schä­digung mangels Beweisen für tätlichen Angriff

Der Landschafts­verband Rheinland hatte eine Beschä­dig­ten­ver­sorgung nach dem Opferent­schä­di­gungs­gesetz abgelehnt, da der Kläger den Nachweis, dass er sich eine gesundheitliche Schädigung durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff zugezogen habe, nicht erbracht habe. Das staats­an­walt­schaftliche Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, da die Angaben des Kläger und seines Begleiters (des Zeugen), widersprüchlich gewesen seien.

Mangelnde Beweise für tätlichen Angriff sind auf unzureichenden Ermittlungen von Polizei und Staats­an­walt­schaft zurückzuführen

Das Sozialgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und den Landschafts­verband Rheinland verpflichtet für den Kläger eine posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung und depressive Störung als Schädi­gungsfolge festzustellen und ihm eine Rente nach dem Opferent­schä­di­gungs­gesetz unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit in Höhe von 90 % zu gewähren. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass der Kläger zwar einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff auf ihn nicht habe beweisen können. Dies liege jedoch an den nach Auffassung des Gerichts völlig unzureichenden Ermittlungen der Kölner Polizei und der Kölner Staats­an­walt­schaft.

Gewalttat hätte bei ordnungsgemäßen Ermittlungen nachgewiesen werden können

So hätte angesichts des möglichen versuchten Tötungsdeliktes eine unmittelbare Tatort­be­sich­tigung einschließlich der Auswertung der Überwa­chungs­kameras und die Befragung mehrerer Zeugen (Bordell­be­treiber, Türsteher, Prostituierte, Taxifahrer des Opfers) erfolgen müssen. Auch die Vernehmung des von einem Zeugen zu 80 % als Täter identifizierten Beschuldigten sei unterblieben. Bei ordnungsgemäßen Ermittlungen hätte jedenfalls eine Gewalttat nachgewiesen werden können. Dies hätte für einen Anspruch des Klägers im vorliegenden Verfahren ausgereicht. Ein bestimmter Täter müsse nicht identifiziert werden. Vor dem Hintergrund des Kranken­haus­auf­ent­haltes des Klägers, dessen eigener Angaben zum Tathergang sowie der Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachver­ständigen, wonach die erlittenen Gesund­heits­schä­di­gungen von dem Schlag mit einem Baseba­ll­schläger herrühren können, nahm das Gericht hier eine Beweislastumkehr an. Wenn der Staat seine Schutzpflicht im Hinblick auf die Verhinderung von Straftaten zulasten seiner Bürger nicht wahrnehmen könne, so könnten unzureichende Ermittlungen nach erfolgter Straftat nicht zu Lasten des Betroffenen, hier des Klägers, gehen. Daher sei dem Kläger hier die staatliche Opferentschädigung zu gewähren.

Quelle: Sozialgericht Düsseldorf/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil16072

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI