Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Die zuständige 26. Kammer führt zur Begründung aus, dass es sich bei Theresienstadt damals um ein Ghetto gehandelt habe, da die Garnisonsstadt von Theresienstadt kein Lager, sondern eine (schon vorher) gewachsene Stadt gewesen sei, in der inzwischen nur noch Juden lebten. Es sei auch glaubhaft gemacht, dass sie dort aus eigenem Willensentschluss gearbeitet habe. Sie habe glaubhaft versichert, dass sie gemeinsam mit ihrer Schwester auf Arbeitsuche gewesen sei; es stelle sich als fürsorgliche Maßnahme des Judenrates dar, dass ihr eine Arbeit vermittelt worden sei, die den körperlichen Fähigkeiten eines 14- bis 15-jährigen Kindes entsprochen habe und die körperlich nicht schwer gewesen und nicht mit körperlichen Misshandlungen oder Demütigungen einhergegangen sei. Gerade unter den besonderen Verhältnissen in Theresienstadt sei ein einem Arbeitsverhältnis ähnliches Beschäftigungsverhältnis glaubhafter als in anderen Ghettos. Denn Theresienstadt sei von den nationalsozialistischen Machthabern als Muster-Ghetto behandelt worden, auch zur Täuschung des Auslands. Zur Vorbereitung des Besuchs einer Delegation des Deutschen Roten Kreuzes im Frühjahr 1944 habe die SS bereits Ende 1943 mit einer groß angelegten Stadtverschönerungsaktion begonnen, Häuserfronten seien gestrichen worden, Blumenbeete und Spielplätze angelegt, ein Musikpavillon gebaut, ein Ghetto-Café eröffnet und Schaufenster hergerichtet worden, sogar der Auftritt einer Jazz-Band sei für einen Propagandafilm vorgesehen gewesen. Im Hinblick darauf sei glaubhaft, dass sich im Herbst 1943 die Verhältnisse in Theresienstadt so dargestellt hätten, dass der Anschein einer gewissen Normalität unter Kriegsbedingungen eingekehrt sei und die Klägerin der von ihr geschilderten Tätigkeit nachgegangen sei, ohne dass sich dies als obrigkeitlich zugewiesene Zwangsmaßnahme darstellte.
Es sei darüber hinaus auch glaubhaft gemacht worden, dass sie die Beschäftigung entgeltlich ausgeübt habe. Sie habe gearbeitet, um für ihren Unterhalt zu sorgen, da sie und ihre Schwester ohne Verwandte auf sich gestellt gewesen seien. Die konkrete Ausübung der Tätigkeit als Zahnarzthelferin hätte unter normalen Verhältnissen - also außerhalb von Krieg und Verfolgung - die Merkmale einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erfüllt. Dafür habe sie, da Bargeld nicht erlaubt gewesen sei, im wesentlichen Gutscheine erhalten, mit denen sie Gegenstände des täglichen Bedarfs in den dort vorhandenen Läden habe kaufen können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.02.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Düsseldorf vom 02.02.2007