15.11.2024
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Sozialgericht Detmold Urteil19.09.2007

Krankenkasse muss Rollstuhl mit Trommelbremsen ausstattenPersönliche Lebenssituation des Berechtigten muss berücksichtigt werden

Die beklagte Krankenkasse muss die Kosten für die Zurüstung eines Rollstuhls mit Trommelbremsen auch dann übernehmen, wenn sie dem Versicherten neben dem bereits vorhandenen Rollstuhl einen Rollator angeboten hat, der Versicherte diese Versorgung aber abgelehnt hat. Dies entschied das Sozialgericht Detmold.

Im zugrunde liegenden Fall klagte eine 49-jährigen Frau, die unter den Folgen einer langjährigen Multiplen Sklerose - einer entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems - leidet. Aufgrund der damit verbundenen Beein­träch­tigung der Gehfähigkeit ist sie ständig auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen, hat jedoch noch ein ausreichendes Restgehvermögen, um kürzere Strecken zu Fuß zurückzulegen. Dabei hatte sie in der Vergangenheit den von der beklagten Krankenkasse zur Verfügung gestellten Rollstuhl genutzt, der an den Schiebegriffen mit Trommelbremsen ausgestattet war. Da zwischen­zeitlich die Kraft in ihren Armen nachgelassen hatte, musste sie mit einem leichterem Rollstuhl versorgt werden. Die Beklagte genehmigte zwar die Neuversorgung, wollte sich aber an den Kosten für die Trommelbremsen nicht beteiligen. Sie verwies die Klägerin auf die Nutzung eines Rollators.

Das Gericht stellte mit sachver­ständiger Hilfe fest, dass bei der Klägerin trotz der schwerwiegenden Beein­träch­ti­gungen noch ein erstaunlich gutes wenn auch eingeschränktes Gehvermögen vorhanden ist. Je nach Befindlichkeit kann sie 30 bis 300 Meter, in günstigen Fällen sogar bis zu 800 Meter zurücklegen, wobei sie allerdings auf die Nutzung des Rollstuhls als Gehhilfe angewiesen ist. Die Krankenkasse - so das Gericht - darf die Klägerin nicht auf die Nutzung eines Rollators oder des ebenfalls vorhandenen elektrischen Kranken­fahrzeugs verweisen, um weitere Kosten einzusparen. Diese Argumentation hätte nämlich zur Folge, dass die Klägerin außerhalb ihrer Wohnung ihr trotz der schweren Erkrankung vorhandenes Restgehvermögen nicht einsetzen kann. Mit den Trommelbremsen an den Schiebegriffen ist sie jedoch in der Lage den Rollstuhl als Rollator einzusetzen und kann sich, wenn die Kräfte nachlassen, mit Hilfe des Rollstuhls fortbewegen. Auch wenn Hilfsmittel der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung nur die körperlichen Grund­be­dürfnisse befriedigen sollen, muss bei der Auswahl auf die persönliche Lebenssituation des Berechtigten Rücksicht genommen werden. Insoweit steht Versicherten bei mehreren gleich geeigneten Hilfsmitteln ein Wahlrecht zu. Diese Gesichtspunkte muss die Krankenkasse im Rahmen der Wirtschaft­lich­keits­prüfung berücksichtigen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Detmold vom 07.12.2007

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