Dokument-Nr. 3615
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Sozialgericht Detmold Urteil30.10.2006
Mehrbedarfszuschlag ist auch nachträglich zu gewähren
In zwei Urteilen hat das Sozialgericht Detmold entschieden, dass auch Grundsicherungsleistungen nach dem SGB 2 ablehnende bestandskräftige Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sind, wenn bei Erlass das Recht unrichtig angewandt wurde oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.
In beiden Fällen hatte für einen zurückliegenden bereits bestandskräftig beschiedenen Zeitraum aktenkundig ein Anspruch auf einen Mehrbedarf für alleinerziehende Hilfebedürftige vorgelegen, der fälschlicherweise von der beklagten Arbeitsgemeinschaft nicht in die Bewilligung eingeschlossen worden war.
Als dieses Versehen in einem neuen Bewilligungsabschnitt auffiel, beantragten die Kläger in beiden Verfahren auch die rückwirkende Auszahlung des Alleinerziehendenzuschlags .Dies lehnte die Arbeitsgemeinschaft mit dem Hinweis darauf ab, dass auch im Sozialhilferecht kein Anspruch auf Sozialhilfe für die Vergangenheit bestanden habe. Das in der Sozialhilfe anerkannte Bedarfsdeckungsprinzip sei auf das Leistungsrecht der Grundsicherung (SGB 2) zu übertragen.
Dieser Rechtsauffassung konnte das Sozialgericht nicht erfolgen. Es verurteilte die beklagte Arbeitsgemeinschaft zu einer rückwirkenden Zahlung des Mehrbedarfszuschlags. Dabei verwies es darauf, dass der von der Arbeitsgemeinschaft "angeführte Grundsatz "keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" wesentlich bestimmt wurde durch den den Bedarfsdeckungsgrundsatz konkretisierenden Individualisierungsgrundsatz. Mit den ab 1.1.2005 geltenden Regelungen hat das Sozialhilferecht jedoch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt einen Paradigmenwechsel erlebt. Dabei wurde der Individualisierungsgrundsatz durch die Pauschalierung von Leistungen weitestgehend aufgeweicht. Hierdurch ist der Bedürftige gezwungen, vergangenheits - und zukunftsorientiert zu haushalten. Dem widerspräche es, Hilfe zum Lebensunterhalt für die Vergangenheit zu verweigern. Darüber hinaus verweisen auch die gesetzlichen Regelungen im SGB 2 auf die Anwendbarkeit der hier streitigen sozialrechtlichen Rücknahmevorschriften.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Detmold vom 12.12.2006
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