21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.

Dokument-Nr. 3615

Drucken
ergänzende Informationen

Sozialgericht Detmold Urteil30.10.2006

Mehrbe­da­rfs­zu­schlag ist auch nachträglich zu gewähren

In zwei Urteilen hat das Sozialgericht Detmold entschieden, dass auch Grund­si­che­rungs­leis­tungen nach dem SGB 2 ablehnende bestands­kräftige Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sind, wenn bei Erlass das Recht unrichtig angewandt wurde oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.

In beiden Fällen hatte für einen zurückliegenden bereits bestandskräftig beschiedenen Zeitraum aktenkundig ein Anspruch auf einen Mehrbedarf für allein­er­ziehende Hilfebedürftige vorgelegen, der fälsch­li­cherweise von der beklagten Arbeits­ge­mein­schaft nicht in die Bewilligung eingeschlossen worden war.

Als dieses Versehen in einem neuen Bewil­li­gungs­ab­schnitt auffiel, beantragten die Kläger in beiden Verfahren auch die rückwirkende Auszahlung des Allein­er­zie­hen­den­zu­schlags .Dies lehnte die Arbeits­ge­mein­schaft mit dem Hinweis darauf ab, dass auch im Sozia­l­hil­ferecht kein Anspruch auf Sozialhilfe für die Vergangenheit bestanden habe. Das in der Sozialhilfe anerkannte Bedarfs­de­ckungs­prinzip sei auf das Leistungsrecht der Grundsicherung (SGB 2) zu übertragen.

Dieser Rechts­auf­fassung konnte das Sozialgericht nicht erfolgen. Es verurteilte die beklagte Arbeits­ge­mein­schaft zu einer rückwirkenden Zahlung des Mehrbe­da­rfs­zu­schlags. Dabei verwies es darauf, dass der von der Arbeits­ge­mein­schaft "angeführte Grundsatz "keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" wesentlich bestimmt wurde durch den den Bedarfs­de­ckungs­grundsatz konkre­ti­sie­renden Indivi­du­a­li­sie­rungs­grundsatz. Mit den ab 1.1.2005 geltenden Regelungen hat das Sozia­l­hil­ferecht jedoch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt einen Paradig­men­wechsel erlebt. Dabei wurde der Indivi­du­a­li­sie­rungs­grundsatz durch die Pauschalierung von Leistungen weitestgehend aufgeweicht. Hierdurch ist der Bedürftige gezwungen, vergangenheits - und zukunfts­o­ri­entiert zu haushalten. Dem widerspräche es, Hilfe zum Lebensunterhalt für die Vergangenheit zu verweigern. Darüber hinaus verweisen auch die gesetzlichen Regelungen im SGB 2 auf die Anwendbarkeit der hier streitigen sozia­l­recht­lichen Rücknah­me­vor­schriften.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Detmold vom 12.12.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil3615

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI