22.11.2024
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Sozialgericht Bremen Gerichtsbescheid13.08.2009

Feststellung nach dem Schwer­be­hin­der­tenrecht muss auch bei einer lediglich geduldeten Ausländerin erfolgenOrgani­sa­ti­o­ns­ver­schuldens der Auslän­der­behörde darf nicht zu Lasten des Schwer­be­hin­derten gehen

Auch bei einer unter Epilepsie leidenden iranischen Bürgerin, die sich im auslän­der­recht­lichen Status der Duldung in Deutschland aufhält, ist eine Feststellung des Grades einer Behinderung vorzunehmen. Dies entschied das Sozialgericht Bremen.

Voraussetzung für eine Feststellung des Grades einer Behinderung ist insbesondere, dass der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt (oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz) rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland hat. Ein Ausländer hält sich in der Regel dann nicht gewöhnlich in Deutschland auf, wenn sein Aufenthalt hier nur geduldet ist. Dies gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn ein Ausländer nicht mit einer Abschiebung in sein Heimatland zu rechnen braucht, weil der Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat. 

 

Versorgungsamt verweist auf Entscheidung der Auslän­der­behörde

Im entschiedenen Falle hatte das Versorgungsamt Bremen eigene Feststellungen hierüber abgelehnt mit Hinweis darauf, dass sich die Versor­gungs­ver­waltung insoweit grundsätzlich an der Entscheidung der Auslän­der­behörde zu orientieren habe, deren Überprüfung ihr kaum möglich sei.

Versorgungsamt muss eigene Prüfung durchführen

Das Sozialgericht Bremen hat demgegenüber deutlich gemacht, dass das Versorgungsamt eine eigene Prüfung durchzuführen hat, ob ein geduldeter Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Die vom Versorgungsamt Bremen aufgestellte Vertrau­en­s­äu­ßerung, im Falle des Vorliegens lediglich einer Duldung sei stets davon auszugehen, dass die Auslän­der­behörde Bremen bereits sorgfältig die Möglichkeiten der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geprüft und abschlägig entschieden habe, entbehre jeder tatsächlichen Grundlage. Speziell bei der Auslän­der­behörde Bremen träten gerichts­be­kannte desolate Zustände in der Personal- und Entschei­dungslage mit zum Teil jahrelangen Bearbei­tungs­rück­ständen auf. Die iranische Klägerin hat bereits im September 2007 bei der Auslän­der­behörde Bremen einen Antrag auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis gestellt, über den bisher nicht entschieden worden ist. Behinderte Ausländer könnten aber nicht während der Zeiträume des von ihnen nicht zu vertretenden Organi­sa­ti­o­ns­ver­schuldens der Auslän­der­behörde Bremen von den Vorteilen des Schwer­be­hin­der­ten­rechts ausgeschlossen und das Versorgungsamt einer eigenständigen Prüfung enthoben werden.

Mit Abschiebung ist nicht zu rechnen

Das Sozialgericht Bremen hatte bestätigt, dass die iranische Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und daher eine Feststellung ihres Grades der Behinderung vorzunehmen ist: Diese lebt seit mindestens 14 Jahren in der Bundesrepublik, ihre Abschiebung kann schon aufgrund fehlender Pass- bzw. Passer­satz­papiere nicht durchgeführt werden, und angesichts ihrer Erkrankungen ist in absehbarer Zeit mit einer Abschiebung nicht zu rechnen. Schließlich hat sie auch ihre Passlosigkeit als Abschie­bungs­hin­dernis nicht selbst zu vertreten.

Quelle: ra-online, LSG Niedersaschen-Bremen

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