23.11.2024
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Sozialgericht Berlin Urteil01.12.2016

Geheim­hal­tungs­in­teresse: Renten­ver­si­cherung darf Namen von Informantin geheim halten"Wieder­her­stellung des Famili­en­friedens" überwiegt Geheim­hal­tungs­in­teresse nicht

Die Renten­ver­si­cherung darf die Identität von Dritten geheim halten, die einen renten­re­le­vanten Sachverhalt angezeigt haben. Nur in Ausnahmefällen können Betroffene verlangen, dass der Name eines Tippgebers offengelegt wird. Die Hoffnung des Klägers, durch Klärung der Frage, wer die Versicherung informiert habe, könne "der Familienfrieden wieder­her­ge­stellt" werden, genügt nicht, um das Geheim­hal­tungs­in­teresse der anzeigenden Person zu durchbrechen. Dies hat das Sozialgericht Berlin entschieden.

Im hier zu entscheidenden Fall bezieht der 1941 geborene deutsche Kläger eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beklagte). Er wohnt in einem kleinen Fischerdorf an der Costa Blanca in Spanien. Diesen Umstand verschwieg er der Beklagten. Stattdessen gab er eine deutsche Wohnanschrift an, zuletzt die Adresse seines Bruders.

Unbekannte Person informiert Deutsche Renten­ver­si­cherung Bund über Auswanderung

2010 teilte eine Person - die Informantin - der Beklagten schriftlich mit, dass der Kläger nach seiner Scheidung mit einer jüngeren Frau nach Spanien ausgewandert sei. Die Beklagte möge dem Sachverhalt nachgehen, da er rechtlich garantiert nicht belanglos sei.

Prüfungs­er­gebnis: Keine Auswirkungen auf Rente

Tatsächlich überprüfte die Beklagte die Renten­an­ge­le­genheit. Im Ergebnis stellt sie fest, dass der Ausland­s­auf­enthalt in diesem Falle keine Auswirkungen auf die Rente hatte. In der Folgezeit verlangte der Kläger mehrfach eine Kopie des "ominösen Briefes", was die Beklagte ablehnte. Auch als der Kläger eine Liste vorlegte, auf der sich 7 von 9 namentlich genannten Famili­en­mit­gliedern damit einverstanden erklärten, dass der Brief herausgegeben werde, änderte die Beklagte seine ablehnende Haltung nicht.

Kein Anspruch auf Herausgabe

Im August 2011 rief der Kläger daraufhin das Sozialgericht an. Er trug vor, ein Mitarbeiter des Beklagten habe ihm erklärt, dass das Hinweis­schreiben aus seiner Familie stamme. Zur Herstellung des Famili­en­friedens sei es nun notwendig, dass ihm das Schreiben vorgelegt werde. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage abgewiesen.

Abwägung zwischen Geheimhaltungs- und Auskunfts­in­teresse

Bei der Entscheidung über die beantragte Akteneinsicht bzw. Auskunft müsse die Beklagte zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Behör­de­n­in­for­mantin und dem Auskunfts­in­teresse des Klägers abwägen. Der Name der Informantin sei ein rechtlich besonders geschütztes "Sozialdatum".

Auskunfts­in­teresse unter engen Voraussetzungen

Das Auskunfts­in­teresse überwiege nur unter engen Voraussetzungen, zum Beispiel wenn leichtfertig rufschädigende Behauptungen aufgestellt wurden oder wenn die Informantin als Zeugin in Betracht komme. Vorliegend habe die Mitteilung über den Auslands­wohnsitz indes der Wahrheit entsprochen und im übrigen keine Auswirkungen auf die Höhe der Rente gehabt. Deshalb werde die Informantin auch nicht als Zeugin benötigt.

Herstellung des Famili­en­friedens durch Vorlage des Schreibens fraglich

Selbst der Umstand, dass Art. 6 des Grundgesetzes Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stelle, könne kein überwiegendes Auskunfts­in­teresse begründen. Es sei schon nicht erkennbar, dass die Vorlage des Schreibens zur Herstellung des Famili­en­friedens dienlich sei. Die eigentliche Ursache für die Störung des Famili­en­friedens habe der Kläger durch Angabe eines falschen Wohnsitzes selbst gelegt, und nicht das pflichtbewusste Verhalten der Informantin. Darüber hinaus sei eine Familie ein komplexer Verantwortungs- und Beistandspakt. Ob er funktioniere oder nicht, hänge nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht von der Vorlage eines einzelnen Schreibens ab, sondern von der generellen Bereitschaft der Akteure, sich mit Respekt, Offenheit und Toleranz zu begegnen. Das Gericht äußere sich im übrigen nicht dazu, ob der Name der Informantin auf der vom Kläger vorgelegten Unter­schrif­tenliste überhaupt auftauche. Jedenfalls fehle es an einer Einwilligung der Informantin in die Offenlegung ihrer Identität.

Quelle: Sozialgericht Berlin/ ra-online

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