21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
ergänzende Informationen

Sozialgericht Berlin Urteil16.04.2007

Erbkrankheit: Krankenkasse muss keinen Gen-Test am Embryo bezahlenSprung-Revision zum Bundes­so­zi­al­gericht zugelassen

Der Streit um Gen-Tests an Embryonen hat auch die Sozialgerichte erreicht. Das Berliner Sozialgericht hat jetzt die Klage einer 32jährigen Berlinerin abgewiesen. Die Frau wollte die gesetzliche Krankenkasse zwingen, einen solchen Gen-Test zu finanzieren. Da in Deutschland stark umstritten ist, ob solche Tests rechtlich zulässig sind, wollte die Frau die Untersuchung in Belgien vornehmen lassen.

Die 32jährige leidet an einem Gendefekt (x-chromosomal vererbte Septische Granulomatose), der von ihr an 50 v. H. ihrer männlichen Nachkommen weitergegeben wird. Dieser Gendefekt führt bei männlichen Nachkommen zu einer Störung des Immunsystems und löst lebens­be­drohliche Erkrankungen aus. Töchter werden – wie die Klägerin – zu 50 v. H. Überträgerinnen des Defekts. Die Frau wollte die Krankenkasse verpflichten, eine künstliche Befruchtung zu finanzieren sowie eine Untersuchung des Embryos, ob ein solcher Gendefekt vorliegt.

Das Sozialgericht hat nun geurteilt, dass die gesetzliche Krankenkassen die Kosten dieser Untersuchung nicht übernehmen müssen. Das Gericht hat unter anderem festgestellt: Grundsätzlich kann und darf die gesetzliche Krankenkasse nur dann die Kosten einer medizinischen Untersuchung bezahlen, wenn die Unter­su­chungs­methode zuvor in den Leistungs­katalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden ist. Dieser Leistungs­katalog wird im Regelfall definiert von dem „Gemeinsamen Bundesausschuss“, bestehend aus Ärzten, Kassen­ver­tretern und weiteren Sachver­ständigen. Die Präim­plan­ta­ti­o­ns­dia­gnostik ist nicht im Leistungs­katalog enthalten. Ihre rechtliche und ethische Bewertung ist auch in Fachkreisen nach wie vor sehr umstritten. Das Sozialgericht hat dazu unter anderem Auskünfte eingeholt vom Nationalen Ethikrat und dem Deutschen Referenzzentrum für Ethik in den Biowis­sen­schaften.

Das Sozialgericht hat gleichzeitig festgestellt, dass in diesem speziellen Fall ausnahmsweise eine Entscheidung des „Gemeinsamen Bundes­aus­schusses“ nicht einmal ausreichen würde, um eine Zahlungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen zu begründen. Da mit der Präim­plan­ta­ti­o­ns­dia­gnostik nach Auffassung der Kammer „ein schwerer Eingriff in den Schutzbereich des menschlichen Lebens“ verbunden sei, müsse der Bundestag selbst eine gesetzliche Regelung über die Zulassung dieser Methode treffen.

Das Sozialgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit die Sprung-Revision zum Bundes­so­zi­al­gericht, der höchsten Fachinstanz, zugelassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Berlin vom 05.06.2007

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil4350

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI