Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein Beschluss19.05.2008
Trotz Lärmbelästigung: Holmer Beliebung darf weiterhin den neuen Ältermann nachts um 3 Uhr mit Musikumzug nach Hause begleitenAnwohner scheitern in zweiter Instanz
Dies hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht entschieden und damit eine anders lautende Entscheidung des erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts Schleswig geändert.
Die Mitglieder der Holmer Beliebung begleiten regelmäßig zum Abschluss des Beliebungsfestes im Juni nachts um 3 Uhr ihren neuen Ältermann mit einem Musikumzug nach Hause. Diese Sitte gibt es nach Mitternacht zumindest seit 40 Jahren, von Seiten der Holmer Beliebung wird auf eine Tradition seit dem 17. Jahrhundert verwiesen. Auf eine Anwohnerbeschwerde hatte die Stadt Schleswig dieses Jahr erstmals die erforderliche straßenrechtliche Genehmigung mit einer Auflage versehen. Danach darf der Umzug zum Schutz der Nachtruhe der Anwohner von der Schubystraße zum Holm nur ohne Musikumzug stattfinden.
OVG: Jahrundertealte Tradition und geringe Veranstaltungsfrequenz rechtfertigen nächtlichen Musikumzug
Diese Auflage hatte das Verwaltungsgericht bestätigt. Zur Begründung ihrer abändernden Entscheidung zugunsten des Holmer Beliebung stützen sich die OVG-Richter darauf, dass im vorliegenden Fall nicht in erster Linie auf die Grenzwerte der TA-Lärm abzustellen sei, sondern die rechtliche Zulässigkeit der Lärmimmissionen in der unmittelbaren Nachbarschaft des Umzugs sich vornehmlich nach der sogenannten Freizeitlärm- Richtlinien bemesse. In Ansehung der lokalen Bedeutung der über eine jahrhundertealte Tradition verfügenden Beliebungsfeierlichkeiten, der geringen Veranstaltungsfrequenz des nächtlichen Umzugs mit Musik (einmal pro Jahr zu einem langfristig vorher festgelegten Termin, auf den sich die nachbarschaftlich betroffenen Anlieger in vielfältiger Weise einrichten können) sowie die Kurzfristigkeit der Geräuschspitzen im Zeitpunkt des Vorbeimarsches halte der Senat die mit dem Musikumzug einhergehenden Immissionsbelastungen der Anlieger selbst dann für zumutbar, wenn der Höchstwert von 65 dB(A) kurzzeitig überschritten werden sollte. Die Umstände des Einzelfalls rechtfertigten danach die Durchführung der Traditionsveranstaltung in ihrer seit langen Jahren gehandhabten Ausgestaltung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.05.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Schleswig-Holstein vom 20.05.2008