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Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt Urteil20.10.2010
Verbot der Gruppierung "Blue White Street Elite" aufgehobenAuch eine Gruppierung, die keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes ist, kann verlangen, dass ein an sie adressiertes rechtswidriges Vereinsverbot im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat das vom Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt am 1. April 2008 erlassene Verbot der Gruppierung "Blue White Street Elite", einem Zusammenschluss von zum Teil gewalttätigen Hooligans, aufgehoben.
Das Oberverwaltungsgericht hatte bereits am 23.09.2009 erstmals zu dem Verbotsverfahren verhandelt und die Klage der Gruppierung zunächst abgewiesen. Zur Begründung dieses ersten Urteils hatte das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass es sich bei der Gruppierung um eine Vereinigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Vereinsgesetz handele, weil es an konkreten Anhaltspunkte dafür fehle, dass sich die Mitglieder der Gruppierung bei ihren Handlungen einem gemeinschaftlich gebildeten Willen unterworfen haben. Das Verbot sei daher rechtswidrig.
"Blue White Street Elite" keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes
Das Oberverwaltungsgericht hatte der Klage gleichwohl nicht stattgegeben, da nach seiner Auffassung nur Vereinigungen im Sinne des Vereinsgesetzes geltend machen könnten, dass sie durch eine rechtswidrige Verbotsverfügung in ihren Rechten verletzt werden. Um eine solche Vereinigung handele es sich bei der "Blue White Street Elite" jedoch nicht.
Gruppierung legt erfolgreich Rechtsmittel ein
Gegen dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts hatte die Gruppierung ein Rechtsmittel zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Mit Beschluss vom 19.07.2010 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes vom 23.09.2009 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung und Verhandlung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen (AZ: 6 B 20.10). Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass es sich bei der Gruppierung nicht um eine Vereinigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Vereinsgesetz handelt und das Verbot daher rechtswidrig ist, nicht beanstandet. Es hatte jedoch für das weitere Verfahren darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch eine Gruppierung, die keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes ist, verlangen kann, dass ein an sie adressiertes rechtswidriges Vereinsverbot im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird.
Erneut vom OVG festgestellt - Gruppierung keine Vereinigung
Nachdem durch das Innenministerium nach der Zurückverweisung keine neuen entscheidungserheblichen Umstände zur Organisationsstruktur der "Blue White Street Elite" vorgetragen wurden, hat das Oberverwaltungsgericht im Urteil vom 20. Oktober 2010 erneut festgestellt, dass die Gruppierung keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes ist und das Verbot daher rechtswidrig ist. Es hat sich zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem neben Aussagen von Zeugen, darunter dem ehemaligen Leiter des Polizeireviers Jerichower Land, auch auf die Einschätzung der zuständigen Referatsleiterin im Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt gestützt, welche in Vermerken von März 2008, also unmittelbar vor Erlass der Verbotsverfügung, die Voraussetzungen für den Erlass eines Vereinsverbotes als nicht gegeben angesehen hatte. Hinsichtlich der weiteren Feststellung, dass die rechtswidrige Verbotsverfügung die Gruppierung auch in ihren eigenen Rechten verletzt, war das Oberverwaltungsgericht an die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts gebunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Erläuterungen
Zum Hintergrund: Wortlaut von § 2 Absatz 1 Vereinsgesetz: „Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.10.2010
Quelle: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt / ra-online
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