15.11.2024
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Dokument-Nr. 10444

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Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt Urteil20.10.2010

Verbot der Gruppierung "Blue White Street Elite" aufgehobenAuch eine Gruppierung, die keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes ist, kann verlangen, dass ein an sie adressiertes rechtswidriges Vereinsverbot im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird

Das Oberver­wal­tungs­gericht des Landes Sachsen-Anhalt hat das vom Innen­mi­nis­terium des Landes Sachsen-Anhalt am 1. April 2008 erlassene Verbot der Gruppierung "Blue White Street Elite", einem Zusammenschluss von zum Teil gewalttätigen Hooligans, aufgehoben.

Das Oberver­wal­tungs­gericht hatte bereits am 23.09.2009 erstmals zu dem Verbots­ver­fahren verhandelt und die Klage der Gruppierung zunächst abgewiesen. Zur Begründung dieses ersten Urteils hatte das Oberver­wal­tungs­gericht ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass es sich bei der Gruppierung um eine Vereinigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Vereinsgesetz handele, weil es an konkreten Anhaltspunkte dafür fehle, dass sich die Mitglieder der Gruppierung bei ihren Handlungen einem gemein­schaftlich gebildeten Willen unterworfen haben. Das Verbot sei daher rechtswidrig.

"Blue White Street Elite" keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes

Das Oberver­wal­tungs­gericht hatte der Klage gleichwohl nicht stattgegeben, da nach seiner Auffassung nur Vereinigungen im Sinne des Vereinsgesetzes geltend machen könnten, dass sie durch eine rechtswidrige Verbots­ver­fügung in ihren Rechten verletzt werden. Um eine solche Vereinigung handele es sich bei der "Blue White Street Elite" jedoch nicht.

Gruppierung legt erfolgreich Rechtsmittel ein

Gegen dieses Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richts hatte die Gruppierung ein Rechtsmittel zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht eingelegt. Mit Beschluss vom 19.07.2010 hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig das Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richtes vom 23.09.2009 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung und Verhandlung an das Oberver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen (AZ: 6 B 20.10). Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat zwar die Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts, dass es sich bei der Gruppierung nicht um eine Vereinigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Vereinsgesetz handelt und das Verbot daher rechtswidrig ist, nicht beanstandet. Es hatte jedoch für das weitere Verfahren darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts auch eine Gruppierung, die keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes ist, verlangen kann, dass ein an sie adressiertes rechtswidriges Vereinsverbot im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird.

Erneut vom OVG festgestellt - Gruppierung keine Vereinigung

Nachdem durch das Innen­mi­nis­terium nach der Zurück­ver­weisung keine neuen entschei­dungs­er­heb­lichen Umstände zur Organi­sa­ti­o­nss­truktur der "Blue White Street Elite" vorgetragen wurden, hat das Oberver­wal­tungs­gericht im Urteil vom 20. Oktober 2010 erneut festgestellt, dass die Gruppierung keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes ist und das Verbot daher rechtswidrig ist. Es hat sich zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem neben Aussagen von Zeugen, darunter dem ehemaligen Leiter des Polizeireviers Jerichower Land, auch auf die Einschätzung der zuständigen Referat­s­leiterin im Innen­mi­nis­terium des Landes Sachsen-Anhalt gestützt, welche in Vermerken von März 2008, also unmittelbar vor Erlass der Verbots­ver­fügung, die Voraussetzungen für den Erlass eines Vereinsverbotes als nicht gegeben angesehen hatte. Hinsichtlich der weiteren Feststellung, dass die rechtswidrige Verbots­ver­fügung die Gruppierung auch in ihren eigenen Rechten verletzt, war das Oberver­wal­tungs­gericht an die Rechts­auf­fassung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts gebunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Erläuterungen
Zum Hintergrund: Wortlaut von § 2 Absatz 1 Vereinsgesetz: „Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusam­men­ge­schlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt / ra-online

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