18.10.2024
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Dokument-Nr. 30044

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss26.03.2021

Suspendierung einer Polizeibeamtin wegen rechtsextremer Chatnachrichten rechtswidrigOVG Nordrhein-Westfalen gibt Beschwerde von Kommis­sa­r­an­wärtin statt

Das Ober­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass das gegenüber einer Kommis­sa­r­an­wärterin ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig ist. Sie darf damit ihren Dienst wieder aufnehmen.

Die 21-Jährige befindet sich im Beamten­ver­hältnis auf Widerruf und ist dem Polizei­prä­sidium Düsseldorf zur Ausbildung zugewiesen. Nachdem am 16. September 2020 Landes­in­nen­mi­nister Reul die Aufdeckung rechtsextremer Chatgruppen in der nordrhein-westfälischen Polizei öffentlich gemacht hatte und hierzu "Sensi­bi­li­sie­rungs­ge­spräche" geführt worden waren, wandte sie sich an ihre Dienst­stel­len­leitung. Sie gab an, sie habe die Gespräche zum Anlass genommen, die auf ihrem Smartphone gespeicherten Nachrichten durchzusehen. Dabei habe sie in mehreren WhatsApp-Gruppen einzelne problematische Bilddateien und Sticker festgestellt. Drei von vier betroffenen Chatgruppen gehörten ausschließlich Kommissaranwärter und -anwärterinnen an.

Suspendierung wegen rechtsextremer Chatnachrichten

Das Polizei­prä­sidium Düsseldorf hat die Beamtin daraufhin vom Dienst suspendiert. Zur Begründung hieß es, sie stehe im Verdacht, eine mit einer demokratischen Grundordnung unvereinbare Gesinnung zu teilen und sei charakterlich für den Polizei­voll­zugs­dienst ungeeignet, weil sie die Nachrichten auf ihrem Smartphone belassen und ihrer Verbreitung nicht entgegengewirkt habe. Das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf hat dies für rechtmäßig gehalten. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat der dagegen gerichteten Beschwerde der Polizeibeamtin nunmehr stattgegeben.

Ungleiche Behandlung der Kommis­sa­r­an­wärterin

Das OVG teilte die Ansicht des Verwal­tungs­ge­richts, dass die betroffenen Nachrichten teils rassistischen, antisemitischen oder den Natio­nal­so­zi­a­lismus befürwortenden Charakter hätten und daher mit den Werten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar seien. Ein Kommis­sa­r­an­wärter, der derartige Inhalte versende oder zustimmend kommentiere, begründe regelmäßig Zweifel an seiner charakterlichen Eignung und könne entlassen werden. Der Fall der Antragstellerin liege jedoch anders. Sie habe die Bilder weder selbst verbreitet noch kommentiert. Angesichts der erheblichen Zahl von WhatsApp-Nachrichten (337.525 in 790 Chats) bzw. Bilddateien (172.214) auf ihrem Smartphone könne ihr auch geglaubt werden, dass sie die acht inakzeptablen Nachrichten erst wahrgenommen habe, nachdem sie - angestoßen durch den Innenminister und die sensi­bi­li­sie­renden Gespräche in ihrer Dienststelle - ihr Smartphone durchsucht habe. Abgesehen davon habe das Polizei­prä­sidium Düsseldorf in ihrem Fall Maßstäbe angelegt, die sich in nicht nachvoll­ziehbarer Weise von denjenigen unterschieden, die es in den übrigen Fällen zugrunde gelegt habe. Während die Antragstellerin als Hinweisgeberin suspendiert worden sei und entlassen werden solle, habe das Polizei­prä­sidium gegenüber den anderen Kommis­sa­r­an­wärtern aus den Chatgruppen keine Maßnahmen ergriffen, insbesondere weder Suspendierungen noch Entlassungen ausgesprochen. Erst auf Nachfrage des Senats im Beschwer­de­ver­fahren habe das Polizei­prä­sidium erklärt, nunmehr Diszi­pli­na­r­ver­fahren eingeleitet zu haben. Der Umstand, dass die Antragstellerin, nicht aber die anderen Polizeibeamten auf die Nachrichten aufmerksam gemacht hätten, sei weder ihr zugutegehalten noch - soweit bekannt - den anderen negativ angelastet worden.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/aw)

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