24.11.2024
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Dokument-Nr. 29234

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Urteil23.09.2020Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen8 A 1161/18
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil23.09.2020

Nachbarklage erfolglos: Muezzin darf zum Gebet rufenNegative Religi­o­ns­freiheit von Anwohnern nicht verletzt

Das OVG Münster hat entschieden, dass die Türkisch Islamische Gemeinde (Ditib) in der Stadt Oer-Erkenschwick freitags durch den Muezzin mittels eines Lautsprechers zum Gebet rufen zu darf.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger wohnen in einer Entfernung von knapp 900 m zur Moschee. Sie wenden sich gegen die der muslimischen Gemeinde durch die Stadt Oer-Erkenschwick am 25. Januar 2017 erteilte Ausnah­me­ge­neh­migung nach dem Landes-Immis­si­ons­schutz­gesetz, freitags zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr für maximal 15 Minuten den islamischen Gebetsruf über einen Lautsprecher mit reglementierter Lautstärke durchzuführen. Das Verwal­tungs­gericht Gelsenkirchen hat die Genehmigung aufgehoben, weil die Stadt ihr Ermessen unzureichend ausgeübt habe.

OVG: Muezzinruf stellt keine rechtlich erhebliche Belästigung dar

Die Berufung der Stadt Oer-Erkenschwick beim Oberver­wal­tungs­gericht hatte Erfolg. Nach Auffassung des OVG seien die Kläger durch die Erteilung der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Ausnah­me­ge­neh­migung nicht in eigenen Rechten verletzt. Der Muezzinruf stelle im vorliegenden Einzelfall keine rechtlich erhebliche Belästigung nach dem Landes-Immis­si­ons­schutz­gesetz dar. Die für allgemeine und sogar reine Wohngebiete nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) maßgeblichen Lärmrichtwerte würden am Wohnhaus der Kläger sicher eingehalten; der Gebetsruf des Muezzins sei bei geneh­mi­gungs­kon­formem Betrieb des Lautsprechers an ihrem Haus noch wahrnehmbar.

Begrenzte Lautstärke und Zeitdauer des Lautspre­cher­be­triebs zumutbar

Der Ruf stelle bei objektiver Würdigung auch nicht deswegen eine unzumutbare Belästigung für die Kläger dar, weil es sich um einen Gesang in arabischer Sprache mit spezieller Melodie und religiösem Inhalt handele. Dieser sei den Klägern bei einer Gesamtwürdigung der Einzel­fa­l­lum­stände unter Berück­sich­tigung der Neben­be­stim­mungen des Geneh­mi­gungs­be­scheides - Begrenzung von Lautstärke und Zeitdauer des Lautspre­cher­be­triebs - zuzumuten.

Keine Verletzung der negative Religi­o­ns­freiheit

Die von den Klägern angeführte negative Religi­o­ns­freiheit vermittle kein Recht darauf, von anderen Glaubens­be­kun­dungen verschont zu bleiben, sondern bewahre den Einzelnen davor, gegen seinen Willen an religiösen Übungen teilnehmen zu müssen. Damit sei das bloße Hören einer religiösen Aussage einmal pro Woche in so geringer Lautstärke wie am Haus der Kläger nicht vergleichbar. Mangels erheblicher Belästigung der Kläger komme es nicht darauf an, ob die Ermes­sen­s­ent­scheidung der beklagten Stadt den Anforderungen gerecht geworden sei, die an eine solche Entscheidung zu stellen seien.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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