14.11.2024
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Dokument-Nr. 4576

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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil18.07.2007

Abzug der Kosten­dämp­fungs­pau­schale von der Beihilfe ist rechtswidrigPauschaler Abzug verletzt Dienstpflichten des Dienstherren

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass der Abzug der Kosten­dämp­fungs­pau­schale von der Beihilfe rechtswidrig ist.

Die Krank­heits­vorsorge für Beamte, Richter, Versor­gungs­emp­fänger (Pensionäre) und bis 1998 eingestellte Angestellte ist in Nordrhein-Westfalen so geregelt, dass sie einen Teil ihrer Arzt-, Krankenhaus- und Arznei­mit­tel­kosten vom Land ersetzt erhalten (sogenannte Beihilfe). Den verbleibenden Rest der Kosten, der je nach Famili­en­si­tuation zwischen 50 % und 20 % beträgt, bringen die Beihil­fe­be­rech­tigten selbst auf, indem sie eine private Kranken­ver­si­cherung für jedes Famili­en­mitglied abschließen und aus ihrem Gehalt bezahlen müssen.

Seit dem Jahr 1999 wird den Beihil­fe­be­rech­tigten ein bestimmter Betrag als Kosten­dämp­fungs­pau­schale von der Beihilfe abgezogen, den auch die private Kranken­ver­si­cherung nicht ersetzt. Die Kosten­dämp­fungs­pau­schale ist gestaffelt und beträgt je nach Gehaltshöhe zwischen 150 Euro und 750 Euro jährlich.

Gegen den Abzug der Kosten­dämp­fungs­pau­schale hatten zahlreiche Beihil­fe­be­rechtigte mit Erfolg beim Verwal­tungs­gericht Gelsenkirchen geklagt. Die Berufungen des Landes Nordrhein-Westfalen gegen die Urteile des Verawal­tungs­ge­richts hat das Oberver­wal­tungs­gericht nunmehr zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Nach der aus der Verfassung folgenden Pflicht zur Alimentation müsse der Dienstherr den gesamten Lebensunterhalt des Beamten decken. Dazu gehörten auch die Krank­heits­kosten. Das ausgezahlte Gehalt sei so zusammengesetzt, dass es neben dem Anteil für alle übrigen Bedürfnisse auch einen Anteil für Krank­heits­kosten enthalte. Im Rahmen der Eigenvorsorge beteilige sich der Beamte an seinen Krank­heits­kosten, indem er diesen Gehaltsanteil einsetze, um die notwendigen Krank­heits­kos­ten­ver­si­che­rungen für sich und seine Familie abzuschließen. Nach der Konzeption von Eigenvorsorge und Beihilfe wirkten beide so zusammen, dass es idealtypisch ungedeckten Unter­halts­bedarf in Krank­heits­fällen nicht geben könne.

Der Dienstherr unterlaufe durch die Kosten­dämp­fungs­pau­schale die Grundsätze, nach denen er das Gehalt bemesse. Er verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits der Besoldung einen - wenn auch nicht genau bezifferten - Anteil beifüge, mit dem der Beamte die Eigenvorsorge für den Krankheitsfall betreiben solle, andererseits aber den Beamten über diese Eigenvorsorge hinaus belaste, indem er die Beihilfe um die Kosten­dämp­fungs­pau­schale kürze. Mit der Kosten­dämp­fungs­pau­schale als einer dritten Finan­zie­rungs­grundlage der Krank­heits­kosten handele der Dienstherr eigenen Vorent­schei­dungen zuwider und treuwidrig.

Die Kosten­dämp­fungs­pau­schale verstoße außerdem gegen das Gebot der beamten­recht­lichen Rücksichtnahme, weil ungedeckter krank­heits­be­dingter Unter­halts­bedarf nur hinzunehmen sei, soweit die Beihil­fe­vor­schriften aus praktischen Gründen nicht mit jedem Versi­che­rung­starif zur Deckung zu bringen seien. Die Kosten­dämp­fungs­pau­schale stelle dagegen keine unvermeidbare Folge, sondern eine gewollte Belastung der Beihil­fe­be­rech­tigten dar, die zudem nicht versicherbar sei.

Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von einem Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts (vom 3. Juli 2003, 2 C 36.02) ab, mit dem dieses eine vergleichbare frühere Regelung in Niedersachsen für rechtmäßig erklärt hatte. Deswegen ist die Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht zugelassen, die das unterlegene Land Nordrhein-Westfalen einlegen kann.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.07.2007

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