21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil17.10.2023

Polizeiliche Wohnungs­ver­weisung setzt Vorliegen einer Gewaltbeziehung oder erstmalige Gewalttat von einiger Intensität vorausEhegatte muss mit Gewaltvorwürfen des anderen konfrontiert werden

Eine polizeiliche Wohnungs­ver­weisung setzt das Vorliegen einer Gewaltbeziehung mit konkreten Anzeichen für wiederholte Misshandlungen oder eine erstmalige Gewalttat, bei der aufgrund der Intensität des Angriffs und Schwere der Verletzungen mit einer jederzeitigen Wiederholung der Gewaltanwendung zur rechnen ist, voraus. Zudem muss der Ehegatte mit den Gewaltvorwürfen des anderen konfrontiert werden. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Abend im August 2019 wurde ein Ehemann von der Polizei der Ehewohnung verwiesen. Hintergrund dessen war die Behauptung der Ehefrau, der Ehemann habe sie im Zuge einer verbalen Ausein­an­der­setzung durch das Öffnen einer Küchen­schranktür absichtlich am Bein verletzt. Zudem schilderte sie verbale Streitigkeiten und körperliche Übergriffe seit 2016. Jedoch sei es nunmehr erstmalig zu einer Körper­ver­letzung mit einem Gegenstand gekommen. Die Polizei hörte den Ehemann zu den Vorwürfen der Ehefrau nicht an, ging aber vom Vorliegen einer Gewaltspirale aus. Gegen die Wohnungs­ver­weisung erhob der Ehemann Klage.

Verwal­tungs­gericht wies Klage ab

Das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf wies die Klage ab. Seiner Auffassung nach haben die Polizeibeamten fehlerfrei vom Vorliegen einer Gewaltbeziehung mit konkreten Anzeichen für wiederholte Misshandlungen ausgehen dürfen. Gegen diese Entscheidung legte der Ehemann Berufung ein.

Oberver­wal­tungs­gericht bejaht Rechts­wid­rigkeit der Wohnungs­ver­weisung

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen entschied zu Gunsten des Klägers. Die Wohnungs­ver­weisung sei rechtwidrig, da eine Gewaltbeziehung mit konkreten Anzeichen für wiederholte Misshandlungen nicht vorliege.

Fehlende Anhörung des Ehemanns zu Vorwürfen der Ehefrau

Zwar seien die Angaben der Ehefrau schlüssig, detailreich und glaubhaft, so das Oberver­wal­tungs­gericht. Die Polizeibeamte hätten aber den Kläger im Rahmen der Amtsermittlung mit den Aussagen seiner Ehefrau konfrontieren müssen. Denn den Beamten haben keine objektiven Erkenntnisse zur Verfügung gestanden, welche die Angaben der Ehefrau stützten, etwa in Form von dokumentierten Verletzungen, früheren Polizei­e­in­sätzen mit ähnlichem Verlauf oder Zeugenaussagen. Angesichts dessen, genüge auch der behauptete Vorfall mit der Küchen­schranktür nicht, um eine Gewaltbeziehung zu belegen, da der Übergriff allenfalls von geringer Intensität wäre.

Kein Vorliegen einer Gewalttat

Nach Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts liege auch keine erstmalige Gewalttat vor, bei der aufgrund der Intensität des Angriffs und Schwere der Verletzungen mit einer jederzeitigen Wiederholung der Gewaltanwendung zur rechnen ist. Der dafür in Frage kommende Schlag mit der Küchen­schranktür genüge nicht, da er keinen pathologischen Zustand bei der Ehefrau hervorgerufen hat.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (vt/rb)

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