15.11.2024
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Dokument-Nr. 1459

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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil13.12.2005

Änderung der Betrie­bs­ge­neh­migung für den Verkehrs­flughafen Dortmund fehlerhaft

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat den Klagen der Stadt Unna und sechs privater Kläger gegen die Änderung des Flugbetriebs auf dem Verkehrs­flughafen Dortmund zum Teil stattgegeben.

Die Bezirks­re­gierung Münster hat mit Bescheid vom 29. Januar 2003 die aktuelle Betrie­bs­ge­neh­migung für den Flughafen, die maßgeblich durch den Planfest­stel­lungs­be­schluss vom 24. Januar 2000 geprägt war, geändert. Danach dürfen nunmehr auch Flugzeuge mit einer höchst­zu­lässigen Abflugmasse (Tonnage) von mehr als 75 t verkehren und verspätete Flugzeuge nach vorheriger Genehmigung des Flugha­fen­be­treibers außerhalb der bis 22.00 Uhr festgesetzten allgemeinen Betriebszeit noch bis 23.00 Uhr landen. Nachdem der Senat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bedenken gegen die Verspä­tungs­re­gelung geäußert hatte, hat die Bezirks­re­gierung mit Bescheid vom 28. September 2005 die Ausnutzbarkeit der Verspä­tungs­re­gelung auf grundsätzlich 20 Verspätungen in einem Monat begrenzt.

Gegen die Änderung der Betrie­bs­ge­neh­migung hatten die Stadt Unna und sechs private Eigentümer, deren Grundstücke in der näheren Umgebung des Flughafens liegen, Klagen mit dem Ziel der Aufhebung hilfsweise der Ergänzung des Änderungs­be­scheids erhoben. Über diese Klagen hat das Oberver­wal­tungs­gericht am 29. November 2005 mündlich verhandelt. Mit den jetzt verkündeten Urteilen hat es den Klagebegehren zum Teil entsprochen. Es hat die Bezirks­re­gierung verpflichtet, über Ergänzungen der angefochtenen Änderungs­ge­neh­migung zu entscheiden. Dies betrifft die Fragen einer Begrenzung der Tonnagefreigabe und der Zumutbarkeit der Fluglär­m­aus­wir­kungen, die sich für die Grundstücke der jeweiligen Kläger auf der Basis der Tonnagefreigabe ergeben. Die weitergehenden Begehren hat das Gericht abgelehnt.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Oberver­wal­tungs­gericht ausgeführt:

Die Verspä­tungs­re­gelung berücksichtige abwägungs­feh­lerfrei die Belange der Kläger. Es handele sich um eine im Ansatz ohne weiteres anzuerkennende betrie­bs­be­zogene Maßnahme zur Absicherung der Verfügbarkeit des Flughafens auch bei unvor­her­sehbaren Unregel­mä­ßig­keiten im Ablauf des Flugverkehrs. Den Lärmschutz­be­langen der Anwohner, namentlich vor nächtlichem Fluglärm verschont zu bleiben, werde mit dem ausgestalteten Konzept, insbesondere mit dem Ausschluss von Landungen bei flugplan­be­dingten Verspätungen und der Beschränkung der Befugnis des Flugha­fen­be­treibers auf die Zulassung von maximal 20 Landungen im Monat bei einem Vorbehalt der Kontrolle und weiterer Maßnahmen hinreichend Rechnung getragen. Von einem Einstieg in einen Nacht­flug­betrieb, wie er von den Klägern befürchtet worden war, könne danach nicht gesprochen werden.

Die Entscheidung über die Tonnagefreigabe sei demgegenüber nur im Ansatz anzuerkennen. Sie finde ihre Rechtfertigung in der technischen Weiter­ent­wicklung von Fluggerät, das bereits nach dem Planfest­stel­lungs­be­schluss vom 24. Januar 2000 am Flughafen Dortmund verkehren dürfe, insbesondere der Flugzeuge der Bauklassen B 737 und A 320. Bei den neuesten Versionen dieser Flugzeuge überschreite das maximale Abfluggewicht erstmals die Grenze von 75 t. Soweit die Freigabe darauf ziele, dem Flugha­fen­be­treiber die Verkehrs­mög­lich­keiten zu belassen, die durch den Planfest­stel­lungs­be­schluss anerkannt worden seien, bestünden keine Bedenken. Als fehlerhaft erweise sich allerdings die Abwägung der Belange der Kläger insofern, als die seinerzeit eingefügte Tonna­ge­be­grenzung auf 75 t erklärtermaßen dem Lärmschut­z­in­teresse der Anwohner dienen und ferner vermeiden sollte, dass die üblicherweise im Touris­tik­charter eingesetzten Großraum­flugzeuge am Flughafen Dortmund operieren können. Deshalb hätte es für die vollständige Aufhebung der Tonna­ge­be­grenzung statt einer Ausdehnung auf das Gewicht der angesprochenen Nachfol­ge­modelle der Baureihen B 737 und A 320 vertiefter Erwägungen bedurft. Zudem greife der von der Bezirks­re­gierung bei der Lärmbetrachtung gewählte Ansatz zu kurz. Die allgemeine Betrachtung, dass die in Rede stehenden moderneren Maschinen leiser seien als die älteren Modelle, die sie ablösten, reiche nicht. Da eine Anpassung des Betriebs an die neuesten Entwicklungen zugelassen werde, hätte es einer umfassenden neuen Lärmbetrachtung bedurft. Dabei hätten Prognosen der Lärmentwicklung mit und ohne Tonnagefreigabe erstellt sowie neuere Erkenntnisse der Lärmwir­kungs­for­schung berücksichtigt werden müssen. Diese Mängel habe die Bezirks­re­gierung nunmehr zu beheben. Das reiche zur Wahrung der Rechte der Kläger, sodass eine volle Aufhebung der Änderungs­ge­neh­migung nicht erforderlich sei. Denn weitere Beanstandungen der Kläger griffen nicht durch. Insbesondere sei auf die Wirbel­schlep­pen­pro­blematik bei Zulassung größerer Maschinen angemessen reagiert worden.

In einer weiteren am selben Tag verkündeten Entscheidung hat das Oberver­wal­tungs­gericht zum Ausgleich für Beein­träch­ti­gungen der sog. Außen­wohn­be­reiche, also Balkone, Terrassen und Hausgärten Stellung genommen. Das Urteil erging in Verfahren von Flugha­fen­nachbarn, die sich gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss aus dem Jahre 2000 gewandt hatten und zu deren Gunsten das Gericht seinerzeit die Bezirks­re­gierung verpflichtet hatte, u. a. noch über einen Ausgleich für Außen­wohn­be­reiche zu entscheiden. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat nunmehr ausgeführt, dass die Bezirks­re­gierung die Beein­träch­ti­gungen von Außen­wohn­be­reichen in der Umgebung des Verkehrs­flug­hafens Dortmund nicht zum Anlass nehmen musste, den Flugha­fen­betrieb einzuschränken, sondern es dabei belassen durfte, den Flugha­fen­be­treiber zu verpflichten, ab einer bestimmten - vom Gericht nicht beanstandeten - Grenze der Belastung Ausgleichs­zah­lungen zu erbringen. Die Höhe der Entschädigung, die die Bezirks­re­gierung mit 2 % vom 10fachen des Einheitswertes, wahlweise mit 2 % des Verkehrswertes bei hälftiger Übernahme der Gutachterkosten durch den Anspruchsteller festgelegt hatte, hat das Gericht hingegen als zu niedrig und heute so, insbesondere ohne Sockelbetrag, nicht mehr üblich beanstandet. Hierüber muss die Bezirks­re­gierung erneut entscheiden.

Die Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist in keinem Verfahren zugelassen worden.

Quelle: Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.12.2005

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