15.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss13.09.2006

EU-Führer­schein­tou­rismus hilft nicht bei Entzug der FahrerlaubnisOVG Münster schiebt EU-Führer­schein­tou­rismus Riegel vor

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat dem so genannten EU-Führer­schein­tou­rismus einen Riegel vorgeschoben. Das Gericht hat die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, den ein Mann aus Münster (Antragsteller) gegen das vom Oberbür­ger­meister der Stadt Münster (Antragsgegner) verfügte Verbot, von einer tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, beantragt hatte.

Dem 1968 geborenen Antragsteller war im Jahr 1998 die Fahrerlaubnis entzogen worden, nachdem er mit einer Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration von 1,25 Promille ein Kraftfahrzeug geführt hatte. Noch im selben Jahr wurde er wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis auffällig. Einen im Jahr 2000 gestellten Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis lehnte die Fahrer­laub­nis­behörde nach einer negativen medizinisch-psychologischen Begutachtung des Antragstellers ab. Im Mai 2003 bzw. im Mai 2004 wurde der Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tra­tionen von 1,86 bzw. 1,54 Promille), jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, straf­ge­richtlich verurteilt. Am 19. April 2005, etwa einen Monat nach dem Ablauf der zuletzt festgesetzten Sperrzeit für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis, erwarb der Antragsteller in der Tschechischen Republik eine neue Fahrerlaubnis. Dies wurde am 12. Oktober 2005 bekannt, als der Antragsteller wegen des verbotswidrigen Benutzens eines Telefons beim Führen eines Kraftfahrzeuges angehalten wurde. Einer nachfolgenden Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kam der Antragsteller nicht nach. Mit Ordnungs­ver­fügung vom 27. April 2006 untersagte daraufhin der Antragsgegner dem Antragsteller, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, und ordnete die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an. Dagegen erhob der Antragsteller Widerspruch und beantragte beim Verwal­tungs­gericht Münster die Wieder­her­stellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Diesen Antrag lehnte das Verwal­tungs­gericht Münster ab. Die dagegen vom Antragsteller erhobene Beschwerde hat das Oberver­wal­tungs­gericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Auch in Anbetracht der unlängst weitergeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der Anerkennung von Fahrer­laub­nissen, die nach der Entziehung der inländischen Fahrerlaubnis im EU-Ausland erworben worden sind, könne bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung weiterhin nicht festgestellt werden, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig oder rechtswidrig sei. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gebe zwar Anlass zu der Annahme, dass der Grundsatz der wechselseitigen Anerkennung EU ausländischer Fahrerlaubnisse auch einem nachfolgenden präventiv-polizeilichen Vorgehen Grenzen setze, sofern die inländische Fahrer­laub­nis­behörde dabei an Geschehnisse vor der Erteilung der EU Fahrerlaubnis anknüpfe. Die Rechtssache Halbritter habe aber keinen Anlass geboten, zu der Einschränkung des europa­recht­lichen Anerken­nungs­grund­satzes in eindeutigen Missbrauchs­fällen (sog. EU Führer­schein­tou­rismus) Stellung zu nehmen, wie er hier vorgelegen hat, also in Fällen, in denen der Betreffende keine vom Freizü­gig­keits­grundsatz umfassten Beziehungen zum Ausstellerstaat hatte und es ihm lediglich darauf ankam, die strengen inländischen Anforderungen an die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach alkohol- oder drogenbedingten Auffälligkeiten zu umgehen. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung auch auf derartige Missbrauchsfälle angewandt wissen will, da dies berechtigte Sicher­heits­belange von Mitgliedstaaten ignorieren und zu massiven Gefährdungen im Straßenverkehr führen würde. Die danach vorzunehmende Abwägung der Interessen des Antragstellers und der vom Antragsgegner vertretenen öffentlichen Belange falle angesichts der erheblichen Zweifel an seiner Fahreignung eindeutig zu Lasten des Antragstellers aus.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.09.2006

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