18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.

Dokument-Nr. 17413

Drucken
ergänzende Informationen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss18.12.2013

Stadt muss Kosten für den Besuch einer Privatschule im Fall eines Schülers mit Asperger-Autismus vorläufig übernehmenSchüler kann gegenwärtig allein auf Privatschule angemessen weiter beschult werden

Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat die Beschwerde der Stadt Wesseling gegen einen Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts Köln zurückgewiesen, mit dem die Stadt verpflichtet worden war, die Kosten des an Asperger-Autismus erkrankten Antragstellers für den Besuch einer örtlichen Privatschule im laufenden Schuljahr 2013/2014 als Maßnahme der Einglie­de­rungshilfe nach § 35 a SGB VIII vorläufig zu tragen.

Der 16 Jahre alte Antragsteller des zugrunde liegenden Streitfalls, der am Asperger-Syndrom leidet, besuchte die Privatschule - nach mehreren vorangegangenen Schulwechseln - bereits seit November 2010.

VG weist Antrag auf Übernahme der Privat­schul­kosten durch die Stadt ab

Das Verwal­tungs­gericht wies im Juni 2013 die Klage des Antragstellers auf Übernahme der bis zum Ablauf des Schuljahres 2012/2013 angefallenen (bzw. noch anfallenden) Privat­schul­kosten ab. Hiergegen stellte der Antragsteller den Antrag auf Zulassung der Berufung.

VG gibt Eilantrag, die Stadt im Wege der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Kostenübernahme für das folgende Schuljahr zu verpflichten, statt

Wegen Erschöpfung der eigenen finanziellen Mittel meldeten die Eltern den Antragsteller von der Privatschule zunächst ab. Ihren für den Sohn gestellten Antrag, die Kosten des weiteren Besuchs der Privatschule zu übernehmen, beschied die Stadt abschlägig. Daraufhin erhob der Antragsteller erneut Klage und stellte zugleich den Eilantrag, die Stadt im Wege der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Kostenübernahme für das Schuljahr 2013/2014 zu verpflichten. Dem Eilantrag gab das Verwal­tungs­gericht statt und bezog sich hierbei auf einen ergänzenden ärztlichen Bericht, der neue Erkenntnisse vermittle. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Stadt, die unter anderem einwandte, der Antragsteller könne auch auf einer öffentlichen Schule angemessen gefördert werden; seinen Eltern seien mehrere geeignete Alternativen zum Privat­schul­besuch aufgezeigt worden.

OLG bestätigt Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt und zur Begründung ausgeführt, dass die Stadt nicht dargelegt habe, dass die - nach dem Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts erfolgte - erneute Anmeldung des Antragstellers auf der Privatschule eine unzulässige Selbst­be­schaf­fungs­maßnahme gewesen sei, deren Kosten die Stadt als Jugend­hil­fe­träger nicht zu übernehmen hätte.

Anwesenheit eines ausreichend qualifizierten Schulbegleiter an öffentlicher Schule nicht ausreichend sichergestellt

Insbesondere sei die Annahme des Verwal­tungs­ge­richts, der Antragsteller könne nach derzeitigem Erkenntnisstand auf einer konkret in Betracht kommenden öffentlichen Schule nicht angemessen beschult werden, nicht zu beanstanden. Soweit die Stadt sich darauf berufen habe, der Antragsteller könne unter zusätzlicher Inanspruchnahme eines schul­be­glei­tenden Integra­ti­o­ns­helfers weiterhin eine Kölner Realschule - auf der er zwischen­zeitlich angemeldet worden war - besuchen, habe sie nicht glaubhaft gemacht, dass zu Beginn des Schuljahres 2013/2014 ein ausreichend qualifizierter Schulbegleiter tatsächlich zur Verfügung gestanden habe; insofern könne dahinstehen, ob der Vorrang einer Bedarfsdeckung im Rahmen des öffentlichen Schulwesens auch deshalb nicht greife, weil die von der Stadt gewährte Integra­ti­o­nshilfe überschlägig berechnet weitaus teurer gewesen wäre als der ohne Schulbegleitung mögliche Besuch der Privatschule.

Behandelnde Fachärztin für Kinder- und Jugend­psych­iatrie verweist auf Notwendigkeit einer kleinen überschaubaren Klasse

Das Verwal­tungs­gericht sei nachvollziehbar zu der Auffassung gelangt, dass der Antragsteller gegenwärtig allein auf der Privatschule angemessen weiter beschult werden könne. Die ihn behandelnde Fachärztin für Kinder- und Jugend­psych­iatrie/Psychotherapie habe in einem aktuellen Bericht ausgeführt, dass der Antragsteller sehr viel Zeit benötige, sich auf ungewohnte Situationen einzustellen, dieser Prozess auch durch einen Integra­ti­o­ns­helfer nicht beschleunigt werden könne und es daher für den Antragsteller dringend erforderlich sei, sein sicheres bekanntes Umfeld von kleinen überschaubaren Klassen mit bis zu 15 Mitschülern beizubehalten. Diese ärztliche Einschätzung habe die Stadt nicht entkräftet.

In einem weiteren Beschluss vom 16. Dezember 2013 hat der Senat die Berufung des Antragstellers gegen das klageabweisende Urteil des Verwal­tungs­ge­richts betreffend die bis zum Ende des Schuljahres 2012/2013 entstandenen Privat­schul­kosten zugelassen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordthein-Westfalen/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss17413

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI