In den zugrunde liegenden zwei Verfahren ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Elterninitiativen einen Anspruch auf Genehmigung einer privaten Grundschule haben. In dem einen Fall handelt es sich um den Verein Freie Schule Bremen e. V., der geltend machte, eine an den Grundsätzen der Reformpädagogik orientierte, die Klassen 1 bis 6 umfassende Grundschule gründen zu wollen. In dem anderen Fall um einen Kreis von Eltern, die mit Unterstützung des Humanistischen Verbandes Deutschland eine humanistische Schule einrichten wollten, die sowohl die Grundschule als auch die nachfolgenden Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse umfasst. Die Betreffenden waren jeweils vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich.
Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat über die von der Bildungsbehörde eingelegten Berufungen verhandelt und aufgrund dieser Verhandlungen die erstinstanzlichen Urteile jeweils aufgehoben und die Klagen abgewiesen.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine Genehmigung bereits aus formellen Gründen ausgeschlossen sei. Die Genehmigung einer privaten Schule komme grundsätzlich nur in Betracht, wenn diese sich in die vorhandene Grundstruktur der Schulorganisation des jeweiligen Bundeslandes einfüge. Seit dem Jahr 2009 umfasse die Grundschule in Bremen nur noch die Jahrgangsstufen 1 bis 4. Beide Elterninitiativen wollten gleichwohl an der sechsjährigen Grundschule festhalten. Das schränke die Freizügigkeit der Schüler, d. h. ihre spätere Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Schularten erheblich ein und stehe der Genehmigung zwingend entgegen.
Unabhängig davon seien in beiden Fällen aber auch die materiellen Anforderungen nicht erfüllt, die das Grundgesetz für die Einrichtung einer privaten Grundschule verlange. Nach Art. 7 Abs. 5 GG habe die öffentliche Grundschule, die alle Kinder zusammenfasse, grundsätzlich Vorrang vor einer privaten Grundschule. Das Grundgesetz lasse eine Ausnahme nur zu, wenn „ein besonderes pädagogisches Interesse“ an einer privaten Grundschule bestehe oder sie als „Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule“ eingerichtet werden soll.
Das Oberverwaltungsgericht führt dazu in seinem die Freie Schule Bremen betreffenden Urteil näher aus, dass diese sich nicht auf ein solches „besonderes pädagogisches Interesse“ berufen könne. Das von dem Verein vorgelegte Schulkonzept sei teils fachlich fragwürdig, teils enthalte es Zielvorstellungen, die auch an öffentlichen Schulen praktiziert werden würden. Es fehle an einem schlüssigen und tragfähigen Konzept, aus dem sich ein besonderes pädagogisches Interesse ableiten lassen. Das Oberverwaltungsgericht ist in diesem Punkt der Einschätzung des von ihm bestellten Gutachters, eines an der Humboldt-Universität Berlin tätigen Erziehungswissenschaftlers, gefolgt.
In dem die Einrichtung einer humanistischen Schule betreffenden Urteil beschäftigte sich das Oberverwaltungsgericht zunächst näher mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen überhaupt die Genehmigung einer Weltanschauungsschule in Betracht kommt. Das sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur der Fall, wenn eine bestimmte Weltanschauung für das gesamte Gepräge der Schule grundlegend sei. Der von den Klägern vertretene Humanismus, der in der freigeistigen Tradition der Aufklärung stehe sowie die freidenkerische Bewegung des 19. und 20. Jahrhunderts aufnehme, stelle zwar eine Weltanschauung dar. Das vorgelegte Schulkonzept unterscheide sich aber in den zentralen Aussagen nicht von den Bildungsaufgaben und Erziehungszielen der staatlichen Grundschule. Die Achtung der Glaubens- und Gewissensfreiheit jedes Einzelnen sei etwa auch ein ausdrückliches Ziel der öffentlichen Grundschule. Die Bremische Landesverfassung formuliere die Erziehung zum ei-genen Denken, zur Achtung vor der Wahrheit und zum Mut, sie zu bekennen, ausdrücklich als Erziehungsziel. Insgesamt sei aufgrund des vorgelegten Schulkonzepts nicht erkennbar, worin der profilbildende weltanschauliche Charakter der Schule bestehen solle.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.07.2012
Quelle: Oberverwaltungsgericht Bremen/ra-online