21.11.2024
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Dokument-Nr. 13880

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Urteil24.04.2012Oberverwaltungsgericht Bremen2 A 271/10 und 2 A 267/10 (Urteil v. 06.06.2012)
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Oberverwaltungsgericht Bremen Urteil24.04.2012

Fehlende schlüssige und tragfähige Konzepte – OVG Bremen lehnt Genehmigung für Privatschulen abKonzept einer Privatschule muss sich in vorhandene Grundstruktur der Schul­or­ga­ni­sation des jeweiligen Bundeslandes einfügen

Das Oberver­wal­tungs­gericht Bremen hat die Klagen zweier Elter­n­i­n­i­tiativen auf Genehmigung von Privatschulen abgewiesen. Die Genehmigung einer privaten Schule kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn diese sich in die vorhandene Grundstruktur der Schul­or­ga­ni­sation des jeweiligen Bundeslandes einfügt. Dies ist bei einer die Klassen 1 bis 6 umfassenden Grundschule und bei einer die Grundschule als auch die nachfolgenden Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse umfassenden Privatschule nicht der Fall.

In den zugrunde liegenden zwei Verfahren ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Elter­n­i­n­i­tiativen einen Anspruch auf Genehmigung einer privaten Grundschule haben. In dem einen Fall handelt es sich um den Verein Freie Schule Bremen e. V., der geltend machte, eine an den Grundsätzen der Reformpädagogik orientierte, die Klassen 1 bis 6 umfassende Grundschule gründen zu wollen. In dem anderen Fall um einen Kreis von Eltern, die mit Unterstützung des Humanistischen Verbandes Deutschland eine humanistische Schule einrichten wollten, die sowohl die Grundschule als auch die nachfolgenden Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse umfasst. Die Betreffenden waren jeweils vor dem Verwal­tungs­gericht erfolgreich.

OVG hebt erstin­sta­nzliche Urteile auf

Das Oberver­wal­tungs­gericht Bremen hat über die von der Bildungsbehörde eingelegten Berufungen verhandelt und aufgrund dieser Verhandlungen die erstin­sta­nz­lichen Urteile jeweils aufgehoben und die Klagen abgewiesen.

Privat­schul­konzept würde spätere Wahlmöglichkeit der Schüler zwischen verschiedenen Schularten erheblich einschränken

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine Genehmigung bereits aus formellen Gründen ausgeschlossen sei. Die Genehmigung einer privaten Schule komme grundsätzlich nur in Betracht, wenn diese sich in die vorhandene Grundstruktur der Schul­or­ga­ni­sation des jeweiligen Bundeslandes einfüge. Seit dem Jahr 2009 umfasse die Grundschule in Bremen nur noch die Jahrgangsstufen 1 bis 4. Beide Elter­n­i­n­i­tiativen wollten gleichwohl an der sechsjährigen Grundschule festhalten. Das schränke die Freizügigkeit der Schüler, d. h. ihre spätere Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Schularten erheblich ein und stehe der Genehmigung zwingend entgegen.

Ausnahmen nur bei „besonderem pädagogischen Interesse“ an privater Grundschule möglich

Unabhängig davon seien in beiden Fällen aber auch die materiellen Anforderungen nicht erfüllt, die das Grundgesetz für die Einrichtung einer privaten Grundschule verlange. Nach Art. 7 Abs. 5 GG habe die öffentliche Grundschule, die alle Kinder zusammenfasse, grundsätzlich Vorrang vor einer privaten Grundschule. Das Grundgesetz lasse eine Ausnahme nur zu, wenn „ein besonderes pädagogisches Interesse“ an einer privaten Grundschule bestehe oder sie als „Bekenntnis- oder Weltan­schau­ungs­schule“ eingerichtet werden soll.

"Freie Schule Bremen" fehlt es an schlüssigem und tragfähigen Konzept

Das Oberver­wal­tungs­gericht führt dazu in seinem die Freie Schule Bremen betreffenden Urteil näher aus, dass diese sich nicht auf ein solches „besonderes pädagogisches Interesse“ berufen könne. Das von dem Verein vorgelegte Schulkonzept sei teils fachlich fragwürdig, teils enthalte es Zielvor­stel­lungen, die auch an öffentlichen Schulen praktiziert werden würden. Es fehle an einem schlüssigen und tragfähigen Konzept, aus dem sich ein besonderes pädagogisches Interesse ableiten lassen. Das Oberver­wal­tungs­gericht ist in diesem Punkt der Einschätzung des von ihm bestellten Gutachters, eines an der Humboldt-Universität Berlin tätigen Erzie­hungs­wis­sen­schaftlers, gefolgt.

Vorgelegte Konzept der Humanistischen Schule unterscheidet sich nicht von Bildungs­aufgaben und Erzie­hungs­zielen staatlicher Grundschulen

In dem die Einrichtung einer humanistischen Schule betreffenden Urteil beschäftigte sich das Oberver­wal­tungs­gericht zunächst näher mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen überhaupt die Genehmigung einer Weltan­schau­ungs­schule in Betracht kommt. Das sei nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung nur der Fall, wenn eine bestimmte Weltanschauung für das gesamte Gepräge der Schule grundlegend sei. Der von den Klägern vertretene Humanismus, der in der freigeistigen Tradition der Aufklärung stehe sowie die freidenkerische Bewegung des 19. und 20. Jahrhunderts aufnehme, stelle zwar eine Weltanschauung dar. Das vorgelegte Schulkonzept unterscheide sich aber in den zentralen Aussagen nicht von den Bildungs­aufgaben und Erzie­hungs­zielen der staatlichen Grundschule. Die Achtung der Glaubens- und Gewis­sens­freiheit jedes Einzelnen sei etwa auch ein ausdrückliches Ziel der öffentlichen Grundschule. Die Bremische Landes­ver­fassung formuliere die Erziehung zum ei-genen Denken, zur Achtung vor der Wahrheit und zum Mut, sie zu bekennen, ausdrücklich als Erziehungsziel. Insgesamt sei aufgrund des vorgelegten Schulkonzepts nicht erkennbar, worin der profilbildende weltan­schauliche Charakter der Schule bestehen solle.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Bremen/ra-online

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