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Oberverwaltungsgericht Berlin Beschluss10.06.2020

Keine generelle Quarantäne nach Einreise aus einem DrittstaatVorliegen eines Ansteckungs­verdachts­ kann nicht so einfach bejaht werden

Wer aus einem beliebigen Land außerhalb von EU und EFTA nach Berlin einreist, unterliegt nach einem Eilbeschluss des Verwal­tungs­ge­richts Berlin nicht allein deshalb automatisch der Quaran­tä­ne­pflicht.

Der Antragsteller ist deutscher Staats­an­ge­höriger und beabsichtigt, in Kürze von Mexiko aus einen Rückflug nach Deutschland anzutreten und sich sodann an seinen Wohnort im Land Berlin zu begeben. Die aktuelle Corona-Eindäm­mungs­maß­nah­men­ver­ordnung des Landes sieht bei Einreisen aus anderen Ländern als den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, dem Fürstentum Liechtenstein, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland eine grundsätzliche Verpflichtung vor, sich in eine 14-tägige häusliche Quarantäne zu begeben. Der hiergegen gerichtete Eilantrag des Antragstellers hatte Erfolg.

Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes nicht erfüllt

Das Verwal­tungs­gericht begründete ihre Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes nicht erfüllt seien. Nach dieser speziellen Norm dürften Quaran­tä­ne­maß­nahmen nur gegenüber Kranken, Krank­heits­ver­dächtigen, Ausscheidern oder Anste­ckungs­ver­dächtigen angeordnet werden.

Pauschale Annahme des Verord­nungs­gebers rechtlich nicht zu halten

Die pauschale Annahme des Verord­nungs­gebers, dass alle aus außer­eu­ro­pä­ischen Staaten einreisenden Personen unterschiedslos als Anste­ckungs­ver­dächtige zu behandeln seien, sei jedoch rechtlich nicht zu halten. Das Vorliegen eines Anste­ckungs­ver­dachts dürfe nämlich nur dann bejaht werden, wenn die Annahme, der Betroffene habe Krank­heits­erreger aufgenommen, wahrschein­licher sei als das Gegenteil. Zudem müsse die Annahme eines Anste­ckungs­ver­dachts stets auf konkret nachvoll­ziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen gestützt werden. Diese rechtlichen Vorgaben habe der Verord­nungsgeber nicht ausreichend beachtet. Insbesondere habe er es trotz der Verfügbarkeit belastbarer Erkenntnisse über das Infek­ti­o­ns­ge­schehen in diversen Ländern der Welt unterlassen, diese beim Erlass der Quaran­tä­ne­vor­schriften zu berücksichtigen. So sei z.B. nicht nachvollziehbar, wieso Einreisende aus epidemiologisch so verschieden aufgestellten Ländern wie den Vereinigten Staaten von Amerika, Russland oder Brasilien einerseits und Neuseeland, Australien oder Japan andererseits unterschiedslos denselben Quaran­tä­ne­maß­nahmen unterworfen würden.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ku)

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