21.11.2024
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Dokument-Nr. 4185

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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Urteil03.05.2007

Schul­d­un­fä­higkeit - Ausländer hat keinen Einbür­ge­rungs­an­spruch bei straf­ge­richt­licher Anordnung von Maßregeln der Besserung und SicherungZum Begriff der "Verurteilung wegen einer Straftat " im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setzes

Das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein Anspruch auf Einbürgerung auch dann ausgeschlossen sein kann, wenn der Ausländer wegen einer strafbaren Handlung mangels Schuldfähigkeit zwar nicht zu einer Strafe verurteilt, wohl aber vom Strafgericht eine Maßregel der Besserung und Sicherung in Gestalt der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verhängt worden ist.

Der Kläger des einen Verfahrens ist als Kind chinesischer Eltern 1989 nach Deutschland gekommen. Er beantragte Anfang des Jahres 1999 seine Einbürgerung. Der Einbür­ge­rungs­antrag des Klägers wurde abgelehnt, weil das Amtsgericht Tiergarten im September 2001 seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Maßregel der Sicherung und Besserung nach § 63 StGB angeordnet hatte. Der Kläger hatte u.a. im November 1999 während einer U-Bahnfahrt zwei Fahrgäste durch Fußtritte erheblich verletzt und ein Jahr später einer 80-jährigen Frau die Handtasche geraubt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts wurden die Taten im Zustand einer schuld­aus­schlie­ßenden paranoiden Schizophrenie mit dauerhaften Wahnvor­stel­lungen und Halluzinationen begangen. Seit dem 1. Januar 2007 ist die Unterbringung des Klägers auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt; die angeordnete Führungs­aufsicht dauert an. Das Verwal­tungs­gericht Potsdam wies seine auf Verpflichtung zur Einbürgerung gerichtete Klage ab.

Der Kläger des anderen Verfahrens ist ein türkischer Staats­an­ge­höriger, der mit vier Jahren zu seinen Eltern nach Deutschland kam, sich hier jedoch nicht in den Kindergarten einfügen konnte und deshalb zur Großmutter in die Türkei zurückgeschickt wurde. 1980 kehrte er nach Berlin zurück, besuchte hier die Schule und lebte weiter bei seinen Eltern, bis er wegen psychischer Auffälligkeiten wiederholt in Nervenkliniken eingewiesen werden musste. Nachdem der Kläger seine Eltern wegen deren Weigerung, ihm Geld zu geben, mit dem Tode bedroht und eine Kranken­hau­s­ärztin durch einen Faustschlag verletzt hatte, ordnete das Landgericht Berlin im Januar 1989 wegen der im Zustand der Schul­d­un­fä­higkeit begangenen Taten als Maßregel der Sicherung und Besserung seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, setzte die Vollstreckung jedoch zur Bewährung aus. Seit Januar 1990 befindet er sich nach Widerruf der Bewährung ununterbrochen im Krankenhaus des Maßre­gel­vollzuges. Im April 1999 beantragte der Kläger erfolglos seine Einbürgerung. Seine Klage vor dem Verwal­tungs­gericht Berlin blieb ebenfalls ohne Erfolg.

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Auffassung der Verwal­tungs­ge­richte Potsdam und Berlin bestätigt, wonach auch die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 63 StGB von dem Begriff der "Verurteilung wegen einer Straftat" im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setzes umfasst wird. Ein Ausländer hat, wenn er mangels Schuldfähigkeit nicht zu einer Strafe verurteilt, gegen ihn aber im Hinblick auf seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist, ebenso wie ein Straftäter grundsätzlich keinen Anspruch auf Einbürgerung. Nach dem Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz kann zwar unter bestimmten Voraussetzungen die Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe außer Betracht bleiben; ob die Staats­an­ge­hö­rig­keits­behörde aber auch im Falle der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung im Ermessenswege von deren Berück­sich­tigung absehen kann, brauchte der Senat nicht abschließend zu klären. Denn in beiden Fällen war eine solche Ermes­sen­s­ent­scheidung fehlerfrei zu Lasten der Kläger getroffen worden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 18/07 des OVG Berlin-Brandenburg vom 03.05.2007

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