03.12.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 26332

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Urteil15.06.2017Oberlandesgericht Thüringen1 U 540/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 77Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 77
  • SVR 2017, 350Zeitschrift: Blätter Straßenverkehrsrecht (SVR), Jahrgang: 2017, Seite: 350
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Vorinstanz:
  • Landgericht Mühlhausen, Urteil21.06.2016, 3 O 664/14
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Thüringen Urteil15.06.2017

Stark alkoholisierter Fußgänger haftet für nächtlichen Unfall auf unbeleuchteter LandstraßeLaufen auf der Fahrbahn bei Nacht unter Alkoholeinfluss stellt schwerwiegende Obliegen­heits­verletzung dar

Wird ein Fußgänger von einem Pkw angefahren, so haftet der Fußgänger für die Unfallfolgen, wenn er bei Nacht unter starkem Alkoholeinfluss auf die Fahrbahn einer unbeleuchteten Landstraße läuft. Ihm ist insofern eine schwerwiegende Obliegen­heits­verletzung anzulasten. Dies hat das Thüringer Oberlan­des­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2011 kam es bei Nacht auf einer unbeleuchteten Landstraße zu einem Unfall zwischen einem Fußgänger und einem Pkw. Der Fußgänger lief auf der Fahrbahn und war stark alkoholisiert, als sich der Pkw näherte. Eine Messung ergab eine Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration (BAK) von 2,07 Promille. Der Fußgänger lief unerwartet vor den Pkw. Trotz sofortiger Einleitung einer Vollbremsung konnte der Pkw-Fahrer den Zusammenstoß nicht verhindern. Nachfolgend klagte die Kranken­ver­si­cherung des Fußgängers gegen den Pkw-Fahrer auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht weist Schaden­s­er­satzklage ab

Das Landgericht Mühlhausen wies die Schaden­s­er­satzklage ab. Seiner Ansicht nach sei der Unfall allein aufgrund einer Obliegenheitsverletzung des Fußgängers verursacht worden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Klägerin.

Oberlan­des­gericht verneint ebenfalls Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Thüringer Oberlan­des­gericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Klägerin zurück. Ihr stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu, da dem Fußgänger ein derart großes Mitverschulden anzulasten sei, dass der Pkw-Fahrer von seiner Haftung befreit sei.

Schwerwiegende Oblie­gen­heits­ver­letzung des Fußgängers

Dem Fußgänger sei eine schwerwiegende Oblie­gen­heits­ver­letzung anzulasten, so das Oberlan­des­gericht. Er habe zum einen gegen § 25 Abs. 1 der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) verstoßen, wonach Fußgänger am linken Fahrbahnrand zu gehen haben, wenn die Straße weder über einen Gehweg noch einen Seitenstreifen verfüge. Der Fußgänger sei aber auf der Fahrbahn gelaufen. Zudem müssen Fußgänger bei Dunkelheit zur Vermeidung einer Gefährdung neben die Fahrbahn ausweichen, wenn sich ein Fahrzeug nähere und das Ausweichen ohne Schwierigkeiten möglich sei. Zum anderen habe der Fußgänger gegen die Obliegenheit verletzt, nicht im Zustand alkohol­be­dingter Verkehr­s­tüch­tigkeit am Straßenverkehr teilzunehmen. Alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit sei bei Fußgängern auch ohne Ausfa­l­l­er­schei­nungen jedenfalls ab einer BAK von 2, Promille unwiderleglich anzunehmen.

Anscheinsbeweis spricht für Ursächlichkeit von Oblie­gen­heits­verstoß und Unfall

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts greife bezüglich der Ursächlichkeit der beiden Oblie­gen­heits­verstöße und dem Unfall ein Anscheinsbeweis.

Einfache Betriebsgefahr tritt hinter schwerwiegende Oblie­gen­heits­ver­letzung zurück

Aus Sicht des Oberlan­des­ge­richts hafte der Pkw-Fahrer lediglich aufgrund der einfachen Betriebsgefahr seines Fahrzeugs. Diese trete aber hinter dem schwerwiegenden Oblie­gen­heits­verstoß des Fußgängers vollständig zurück. Das Laufen auf einer unbeleuchteten Straße zur Nachtzeit im Zustand der alkohol­be­dingten Verkehrs­un­tüch­tigkeit sei als großer Oblie­gen­heits­verstoß zu werten.

Quelle: Thüringer Oberlandesgericht, ra-online (vt/rb)

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