Oberlandesgericht Stuttgart Urteil07.08.2014
Degenerative Vorschäden am Schultergelenk rechtfertigen bei fehlender Behandlungsbedürftigkeit sowie Funktionsbeeinträchtigung keine Kürzung einer InvaliditätsentschädigungPrivate Unfallversicherung zur Leistung verpflichtet
Führt eine unfallbedingte Schulterverletzung zu einer dauerhaften Funktionsbeeinträchtigung, kann eine private Unfallversicherung zur Zahlung einer Invaliditätsentschädigung verpflichtet sein. Liegen degenerative Vorschäden am Schultergelenk vor, rechtfertigt dies dann keine Kürzung der Entschädigung, wenn die Vorschäden vor dem Unfall weder behandlungsbedürftig waren noch zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt haben. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2011 rutschte ein Mann, beim Entladen von Ware aus seinem vor seiner Gaststätte abgestellten Pkw, auf einer vereisten Stelle aus und verletzte sich dabei an der rechten Schulter. Da die Verletzungsfolgen zu einer dauerhaften Funktionsbeeinträchtigung der Schulter führten, beanspruchte er seine private Unfallversicherung. Dabei ging es ihm unter anderem um die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung. Der Unfallversicherer erkannte seine Leistungspflicht an, kürzte aber die Entschädigung entsprechend der Versicherungsbedingungen. Danach war eine Kürzung zulässig, wenn Krankheiten oder Gebrechen an einer unfallbedingten Gesundheitsschädigung und deren Folgen mitgewirkt haben. Dies sei nach Meinung des Versicherers der Fall gewesen, da ein Sachverständiger eine Vorschädigung des rechten Schultergelenks nachgewiesen habe, die deutlich über dem altersgerechten Verschleiß gelegen habe. Der Versicherungsnehmer ließ dies nicht gelten und erhob Klage. Das Landgericht Heilbronn wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherungsnehmers.
Kein Recht zur Kürzung der Invaliditätsentschädigung
Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied zu Gunsten des klägerischen Versicherungsnehmers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Unfallversicherer sei nicht berechtigt gewesen, die Invaliditätsentschädigung zu kürzen. Zwar habe die Beweisaufnahme ergeben, dass bei dem Kläger nicht unerhebliche, über das geschlechts- und altersentsprechende Maß hinausgehende, degenerative Vorschäden vorgelegen haben. Dabei habe es sich aber nicht um Krankheiten oder Gebrechen im Sinne der Versicherungsbedingungen gehandelt.
Unerheblichkeit der Vorschäden aufgrund fehlender Behandlungsbedürftigkeit und Funktionsbeeinträchtigung
Die Beweisaufnahme habe gezeigt, so das Oberlandesgericht, dass der Kläger hinsichtlich der Vorschädigung weder behandlungsbedürftig gewesen sei noch unter irgendwelchen Funktionsbeeinträchtigungen gelitten habe. Damit habe weder eine Krankheit noch ein Gebrechen vorgelegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.04.2017
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)