Dokument-Nr. 20618
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- NJW 1994, 739Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1994, Seite: 739
- Bundesgerichtshof, Beschluss13.10.1994, V ZR 3/94
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil02.12.1993
Baugrubensicherung durch im Nachbargrundstück rückverankerte Bohrpfahlwand unter bestimmten Umständen zulässigEigentümer des Nachbargrundstücks steht als Ausgleich zur Duldungspflicht Ausgleichsanspruch zu
Eine Baugrube darf durch eine im Nachbargrundstück rückverankerte Bohrpfahlwand unter bestimmten Umständen gesichert werden. Dem Eigentümer des Nachbargrundstücks steht aber als Ausgleich seiner Duldungspflicht ein Ausgleichsanspruch zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eigentümerin eines Hanggrundstücks beabsichtigte im Jahr 1990 auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus mit einer Tiefgarage zu bauen. Um ein Abrutschen des Hanges und damit auch der oberhalb des zu bebauenden Grundstücks liegenden Nachbargrundstücks während der Bauphase zu verhindern, sollte die Baugrube durch eine im Nachbargrundstück rückverankerte Bohrpfahlwand abgesichert werden. Die Eigentümer des mit drei Reihenhäusern bebauten Nachbargrundstücks waren damit aber nicht einverstanden. Die Eigentümerin des Hanggrundstückes erhob daher Klage auf Duldung der Maßnahme.
Anspruch auf Duldung der Rückverankerung der Bohrpfahlwand bestand
Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied zu Gunsten der Eigentümerin des Hanggrundstücks. Ihr habe gemäß § 905 Satz 2 BGB sowie nach den Grundsätzen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses ein Anspruch auf Duldung der Rückverankerung der Bohrpfahlwand zugestanden. Die Eigentümer des Nachbargrundstücks haben dagegen die Maßnahme nicht verbieten können.
Voraussetzungen der Duldungspflicht
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei eine vorübergehende Grundstücksbefestigung durch Rückverankerung einer Bohrpfahlwand im Nachbargrundstück unter folgenden Voraussetzungen zulässig: - Fehlen einer ausdrücklichen Regelung im Landesnachbarrecht - baurechtliche Genehmigung des Bauvorhabens - Ausschluss einer wesentlichen Gefährdung des Nachbargrundstücks bei Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Baukunst - Möglichkeit der dauerhaften Sanierung denkbarer kleinerer Schäden - keine wesentliche merkantile Wertminderung des Nachbargrundstücks - Durchführung des Bauvorhabens ohne vorübergehende Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks überhaupt nicht oder nur mit größeren Gefahren oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich Ausgehend von diesen Grundsätzen bejahte das Oberlandesgericht eine Duldungspflicht der Eigentümer des Nachbargrundstücks.
Eigentümer des Nachbargrundstücks steht als Ausgleich zur Duldungspflicht Ausgleichsanspruch zu
Das Oberlandesgericht hielt es zudem für notwendig, den Eigentümern des Nachbargrundstücks als Ausgleich zur Duldungspflicht ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 25.000 DM pro Grundstück zuzusprechen. Dabei berücksichtigte es, dass allein die Eigentümerin des Hanggrundstücks auf die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks angewiesen war, sie dadurch einen erheblichen finanziellen Vorteil erlangte, im Grunde eine Art Überbau im Sinne des § 912 BGB vorlag und für ein zukünftig möglicherweise notwendiges Entfernen der im Boden verbleibenden Anker und Seile ein Betrag von ca. 3.000 DM pro Grundstück erforderlich war.
Bundesgerichthof nahm Revision nicht an
Die Eigentümer des Nachbargrundstücks legten gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Revision ein. Der Bundesgerichtshof nahm diese jedoch nicht an.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.02.2015
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (zt/NJW 1994, 739/rb)
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