21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 17230

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Beschluss07.08.2012Oberlandesgericht Stuttgart13 U 78/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2013, 539Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 539
  • NZV 2013, 349Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2013, Seite: 349
  • r+s 2013, 575Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2013, Seite: 575
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Vorinstanz:
  • Landgericht Stuttgart, Urteil04.04.2012, 27 O 50/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss07.08.2012

Bandschei­ben­vorfall nach Schreck­si­tuation: Kein Anspruch auf Schadenersatz wegen fehlendem Zurechnungs­zusammen­hang zwischen Verkehrsunfall und VerletzungKein Schutz vor allgemeinem Lebensrisiko durch Straßen­verkehrs­vorschriften

Wer durch eine ruckartige Kopfbewegung eine Verletzung erleidet, weil er erfahren hat, dass jemand in sein Fahrzeug gefahren ist, dem stehen keine Ansprüche gegen den Unfall­ve­r­ur­sacher zu. Insofern hat sich nur das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, vor dem die Straßen­verkehrs­vorschriften nicht schützen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2010 erlitt eine Fahrzeug­be­sitzerin in einer Apotheke zwei Bandschei­ben­vorfälle, da sie ruckartig ihren Kopf umdrehte. Zu der Bewegung kam es, weil sie von einer weiteren Kundin erfuhr, dass jemand in ihr Fahrzeug gefahren ist und sich unerlaubt entfernt hat. Nachdem die Unfall­ve­r­ur­sa­cherin festgestellt werden konnte, erhob sie gegen die Unfall­ve­r­ur­sa­cherin Klage auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Landgericht wies Klage ab

Das Landgericht Stuttgart wies die Klage ab. Denn die Verletzung habe der Unfall­ve­r­ur­sa­cherin nicht zugerechnet werden können. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein.

Kein Anspruch auf Schadenersatz

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart bestätigte das erstin­sta­nzliche Urteil und wies die Berufung der Klägerin zurück. Ihr habe keine Ansprüche gegen die Unfall­ve­r­ur­sa­cherin zugestanden. Das Landgericht sei zu recht von einem fehlenden Zurech­nungs­zu­sam­menhang ausgegangen.

Grundsätzliche Haftung für mittelbare Schäden

Zwar sei es richtig, so das Oberlan­des­gericht weiter, dass ein Schädiger auch für die mittelbar verursachten Schäden haften könne, die etwa durch das Verhalten eines Dritten und des Geschädigten selbst verursacht wurden. Voraussetzung dafür sei aber, dass sich eine Gefahr realisiert, die die vom Schädiger überschrittene Verhaltensnorm vermeiden sollte. Es müssen also Gesundheitsschäden vorliegen, die in den Schutzbereich der Normen des Straßenverkehrs fallen, deren Verletzung zu dem Verkehrsunfall geführt haben. Der Schädiger habe daher nicht die Schäden zu ersetzen, die als eine Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos zu bewerten sind.

Schutzbereich der verletzten Straßen­ver­kehrs­vor­schrift umfasste nicht Bandschei­ben­vorfall

Die von der Unfall­ve­r­ur­sa­cherin verletzte Vorschrift des § 1 Abs. 2 StVO schütze nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts zwar auch die körperliche Integrität anderer Personen. Der Schutzzweck erstrecke sich aber allein auf die Verhütung von Unfallrisiken und die mit dieser Bedrohung für Leben und Gesundheit in einem inneren Zusammenhang stehenden Gesund­heits­schäden. Hierzu zählen zwar auch erst im Anschluss an den Unfall etwa bei der Bergung oder bei der Unfallaufnahme erlittene Verletzungen, in denen sich die Gefahren des Straßenverkehrs verwirklichen. Die Bandschei­ben­vorfälle der Klägerin hätten aber ebenso bei Einhaltung des § 1 Abs. 2 StVO eintreten können, wenn ein Dritter die Klägerin mit einem für sie überraschenden Ereignis konfrontiert hätte. Die hier realisierte Gefahr sei daher nicht über das hinausgegangen, was im täglichen Zusammenleben ohnehin an Gefahren hingenommen werden müssen. Auf Vermeidung derartiger Gefahren zielen die Normen der Straßen­ver­kehrs­ordnung nicht ab.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort begründete kein anderes Ergebnis

Etwas anderes habe sich nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts auch nicht aus dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort ergeben. Denn die strafbewehrte Norm, wonach sich ein Unfall­be­tei­ligter nach einem Unfall nicht vom Unfallort entfernen darf (§ 142 StGB), diene vornehmlich dem Schutz des Vermögens anderer Unfall­be­tei­ligter. Die Bandschei­ben­vorfälle der Klägerin seien nicht Folge einer aus dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort folgenden Gefahr­stei­gerung gewesen. Etwas anderes hätte sich allenfalls dann ergeben können, wenn sie dem Flüchtenden nachgeeilt wäre und sich dabei eine Verletzung zugezogen hätte.

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

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