21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 12743

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Urteil12.12.2011Oberlandesgericht Stuttgart10 U 106/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2012, 152Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 152
  • NJW 2012, 1085Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 1085
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Vorinstanz:
  • Landgericht Tübingen, Urteil29.07.2011, 7 O 111/11
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil12.12.2011

OLG Stuttgart: Verweigerter Einlass zur Disko wegen dunkler Hautfarbe stellt ungerecht­fertigte Diskriminierung darVerweigerter Einlass zur Disko wegen dunkler Hautfarbe stellt ungerecht­fertigte Diskriminierung dar

Wird jemand wegen seiner Hautfarbe der Einlass in eine Diskothek verwehrt, stellt dies eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung und einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG) dar. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Stuttgart und sprach einem Mann 900 Euro Entschädigung zu.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls machte Ansprüche gegen die Beklagte geltend, weil ihm am 5. November 2010 der Zutritt zur Diskothek der Beklagten in Reutlingen mit der Bemerkung verweigert worden sein soll, es seien "schon genug Schwarze drin".

Diskothek muss zukünftig Zutritt gewähren - Klage auf Schmerzensgeld abgelehnt

Das Landgericht Tübingen gab der Klage insoweit statt, als die Beklagte dem Kläger künftig den Zutritt zu ihrer Diskothek nicht wegen seiner Hautfarbe verweigern darf. Die Klage auf Zahlung eines Schmer­zens­geldes von mindestens 5.000 Euro wurde jedoch wegen der geringen Intensität des Eingriffs in die Rechte des Klägers vom Landgericht abgewiesen.

Beide Parteien legen Berufung gegen Urteil des Landgerichts ein

Gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen wandten sich beide Parteien mit Berufung und Anschluss­be­rufung. Der Kläger verfolgte seinen geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro fort. Die Beklagte begehrte Aufhebung des erstin­sta­nz­lichen Urteils und Abweisung der Klage.

Die Berufung des Klägers hatte zu einem kleineren Teil Erfolg, während die Anschluss­be­rufung der Beklagten vollständig zurückgewiesen wurde.

Türsteher verwehrt zumindest zeitweise jungen Männern mit dunkler Hautfarbe Einlass zur Disko

Nach Anhörung des Klägers und Beweisaufnahme durch Vernehmung von zwei Zeugen konnte das Oberlan­des­gericht Stuttgart zwar nicht feststellen, dass ein Türsteher die vom Kläger behauptete Äußerung gemacht hätte. Neben uneinheitlicher Angaben des Klägers und des von ihm dazu benannten Zeugen war dafür insbesondere maßgeblich, dass dieser Zeuge große, nicht mehr nachvoll­ziehbare Erinne­rungs­lücken zu diesem Abend offenbarte. Allerdings hat ein zweiter männlicher Zeuge mit dunkler Hautfarbe nach Überzeugung des Gerichts glaubhaft bestätigt, am gleichen Abend ebenfalls von den Türstehern der Beklagten abgewiesen worden zu sein, während zwei Begleitern mit weißer Hautfarbe der Eintritt gestattet worden sei. Das Gericht hat auf dieser Grundlage festgestellt, dass die Türsteher der Beklagten am fraglichen Abend zumindest zeitweise jungen Männern mit dunkler Hautfarbe den Einlass verwehrt haben.

Verhalten des Türstehers rechtfertigt Entschädigung

Dies rechtfertigt nicht nur das erstinstanzlich ausgesprochene Verbot, dem Kläger wegen seiner Hautfarbe den Einlass in die Diskothek zu verwehren, sondern auch eine Entschädigung für die damit verbundene, sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung.

Entschädigung in Höhe von 900 Euro angemessen

Die vom Kläger verlangte Entschädigung von mindestens 5.000 Euro erachtete das Gericht jedoch angesichts des Gewichts des Vorfalls auch unter Einbeziehung genera­l­prä­ventiver Überlegungen als überhöht und auch unter Berück­sich­tigung des in anderen Fällen zugesprochenen Schmer­zens­geldes für die Missachtung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts eines Menschen als unver­hält­nismäßig. Das Gericht hielt unter Würdigung aller Umstände eine Entschädigung nach § 21 Abs. 2 S. 3 AGG in Höhe von 900 Euro für angemessen. Damit ist auch ein Abschre­ckungs­effekt verbunden, weil dies dem Eintritt von 150 zahlenden Gästen an dem besagten Abend entspricht. Bei den genera­l­prä­ventiven Überlegungen war einzubeziehen, dass an anderen Abenden männliche Personen mit dunkler Hautfarbe Zutritt zur Diskothek der Beklagten gehabt haben und sie daher nicht generell vom Zugang zu dieser Diskothek ausgeschlossen waren, was eine höhere Entschädigung hätte rechtfertigen können.

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online

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