Dokument-Nr. 1644
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Oberlandesgericht Schleswig-Holstein Urteil02.06.2005
Schrottimmobilien: OLG Schleswig-Holstein weicht von BGH-Rechtsprechung ab
Der für das Bankrecht zuständige 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes hat heute in Abweichung zu Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes ein Urteil zu den Rechten von Anlegern unrentabeler geschlossener Immobilienfonds verkündet („Schrottimmobilie“), die den Anlegern gegenüber der die Anlage finanzierenden Bank zustehen.
Tatsächlicher Hintergrund war, daß die Fondsgesellschaft wegen deliktischer Machenschaften ihrer Initiatoren und Geschäftsführer von vornherein nicht wirtschaftlich arbeiten konnte und deshalb den einzelnen Anlegern im Falle einer Kündigung ihrer Fondsanteile auch nur ein vergleichsweise geringes Auseinandersetzungsguthaben zusteht. Ein zugunsten der Bank streitendes Urteil des Oberlandesgerichtes hatte der BGH aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Der ging BGH im Wege einer richterlichen Rechtsfortbildung davon aus, daß sich ein Anleger unter anderem auf Schadensersatzansprüche, die ihm gegen die Fondsinitiatoren zustehen, auch gegenüber der seine Anlage finanzierenden Bank berufen kann. Dagegen ist der 5. Zivilsenat des OLG der Ansicht, daß die vom BGH vorgenommene Rechtsfortbildung den einschlägigen gesetzlichen Normen entgegensteht und nicht ohne Tangierung verfassungsrechtlicher Grenzen erfolgen kann. Kerngedanke dabei ist, daß das normierte Verbraucherkreditrecht zwar - im Verhältnis zum „normalen“ Kunden - eine Schlechterstellung des die empfangene Leistung finanzierenden Verbrauchers verhindern will und soll, daß aber das Gesetz andererseits für eine Besserstellung eines solchen Verbrauchers nichts hergibt. Denn beim „verbundenen Geschäft“ soll der Verbraucher allein vor dem Aufspaltungsrisiko geschützt werden, das sich für ihn daraus ergibt, daß er trotz eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäftes wegen der Finanzierung einer Leistung über ein Bankdarlehen nicht nur einem, sondern zwei unterschiedlichen Vertragspartnern gegenübersteht. Nach Ansicht des OLG führte die Rechtsprechung des BGH aber zu einer von Gesetz und Verfassung nicht gedeckten Besserstellung des finanzierenden Verbrauchers, da ihm danach nicht nur der eigentliche Geschäftspartner, sondern zusätzlich die Bank zur Realisierung von gegen die Initiatoren gerichteten Schadensersatzansprüchen zur Verfügung steht.
Aus diesen Erwägungen heraus hat sich der 5. Zivilsenat - trotz einer bei aufgehobenen Sachen grundsätzlich bestehenden Bindungswirkung - nicht an die Vorgaben des BGH gehalten, allerdings erneut die Revision zugelassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.06.2005
Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig-Holstein vom 02.06.2005
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