18.10.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 10931

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Beschluss12.01.2011Oberlandesgericht Schleswig-Holstein2 W 234/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • IMR 2011, 465Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2011, Seite: 465
  • MietRB 2011, 186Zeitschrift: Der Miet-Rechts-Berater (MietRB), Jahrgang: 2011, Seite: 186
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein Beschluss12.01.2011

Einsicht in Grundbuch setzt berechtigtes Interesse vorausOberlan­des­gericht setzt Neugier bei Grund­bu­ch­einsicht Schranken

Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch besteht nur bei berechtigtem Interesse an der Auskunft. Die Grenzen zur bloßen Neugier an einer Einsicht in das Grundbuch dürfen dabei nicht überschritten werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Schleswig-Holstein und bestätigte damit die Entscheidung des Grundbuchamts beim Amtsgericht Niebüll.

Das Grundbuch wird bei den Amtsgerichten geführt und gibt Auskunft über die Eigentums- und Vermö­gens­ver­hältnisse an Grundstücken. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Berlinerin gegen einen Mann von der Westküste eine Forderung von mehr als 10.000 Euro. Der von ihr beauftragte Gerichts­voll­zieher fand in der kleinen Wohnung des Mannes, der Leistungen nach dem SGB II (so genannte Hartz IV-Leistungen) bezog, keine pfändbaren Gegenstände. Gegenüber dem Gerichts­voll­zieher gab der Mann an, dass er lediglich über die Hartz IV-Leistungen verfüge und die Mietkosten vom Sozialzentrum übernommen würden. Dem wollte die Berlinerin keinen Glauben schenken. Sie wandte sich an das Grundbuchamt und fragte an, ob der Schuldner Eigentümer des Grundstücks sei, auf dem das Mehrfa­mi­li­enhaus stand, in dem der Schuldner wohnte. Die Antwort des Grundbuchamts kam postwendend, dass der Schuldner nicht Eigentümer sei.

Antrags­stellerin verlangt weiterreichende Auskünfte aus dem Grundbuch

Zusätzlich wollte die Berlinerin aber herausfinden, wer denn nun Eigentümer des Grundstücks sei und wie dessen vollständige Anschrift laute. Zur Begründung gab sie an, dass der Eigentümer möglicherweise der Vermieter des Hartz-IV-Empfängers sei oder aber den Namen des Vermieters mitteilen könne. Wenn ihr der Name des Vermieters bekannt sei, so könne sie beispielsweise in einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution vollstrecken.

Grundbuch kann nicht von jedermann als öffentliches Register zu Infor­ma­ti­o­ns­zwecken genutzt werden

Das Grundbuchamt beim Amtsgericht Niebüll wies ihr Anliegen zurück. Auch das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Grundbuchamts hatte keinen Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Schleswig-Holstein zeichnet deutlich die Grenzen einer Einsicht in das Grundbuch auf. Der Gesetzgeber hat das Grundbuch nicht als ein öffentliches Register ausgestaltet, in das jedermann zu Infor­ma­ti­o­ns­zwecken Einsicht nehmen könnte. Die Rechtsposition des im Grundbuch Eingetragenen genießt grund­recht­lichen Schutz. Bei Privatpersonen folgt dies aus dem Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung, das Bestandteil des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts ist (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 des Grundgesetzes). Für eine Einsicht in das Grundbuch ist ein berechtigtes Interesse erforderlich (§ 12 der Grund­buch­ordnung), so dass sachliche Gründe vorgetragen werden müssen, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. Nur dann muss der im Grundbuch Eingetragene hinnehmen, dass dritten Personen Einblick in die Rechts- und Vermö­gens­ver­hältnisse an dem Grundstück gewährt wird.

Berechtigtes Interesse für Einsicht in Grundbuch nicht vorhanden

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts ist, dass die Berlinerin selbst in keinerlei rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zum Grund­s­tücks­ei­gentümer steht. Die einzige sicher feststellbare Verbindung zwischen beiden liegt darin, dass der Schuldner auf dem Grundstück wohnt. Da nicht bekannt ist, ob der Grund­s­tücks­ei­gentümer Vermieter des Schuldners ist und zudem keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner, dessen Mietkosten vom Sozialzentrum übernommen werden, werthaltige Ansprüche gegen den Grund­s­tücks­ei­gentümer hat, gibt es kein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch.

Quelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein/ra-online

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