Das Grundbuch wird bei den Amtsgerichten geführt und gibt Auskunft über die Eigentums- und Vermögensverhältnisse an Grundstücken. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Berlinerin gegen einen Mann von der Westküste eine Forderung von mehr als 10.000 Euro. Der von ihr beauftragte Gerichtsvollzieher fand in der kleinen Wohnung des Mannes, der Leistungen nach dem SGB II (so genannte Hartz IV-Leistungen) bezog, keine pfändbaren Gegenstände. Gegenüber dem Gerichtsvollzieher gab der Mann an, dass er lediglich über die Hartz IV-Leistungen verfüge und die Mietkosten vom Sozialzentrum übernommen würden. Dem wollte die Berlinerin keinen Glauben schenken. Sie wandte sich an das Grundbuchamt und fragte an, ob der Schuldner Eigentümer des Grundstücks sei, auf dem das Mehrfamilienhaus stand, in dem der Schuldner wohnte. Die Antwort des Grundbuchamts kam postwendend, dass der Schuldner nicht Eigentümer sei.
Zusätzlich wollte die Berlinerin aber herausfinden, wer denn nun Eigentümer des Grundstücks sei und wie dessen vollständige Anschrift laute. Zur Begründung gab sie an, dass der Eigentümer möglicherweise der Vermieter des Hartz-IV-Empfängers sei oder aber den Namen des Vermieters mitteilen könne. Wenn ihr der Name des Vermieters bekannt sei, so könne sie beispielsweise in einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution vollstrecken.
Das Grundbuchamt beim Amtsgericht Niebüll wies ihr Anliegen zurück. Auch das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Grundbuchamts hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein zeichnet deutlich die Grenzen einer Einsicht in das Grundbuch auf. Der Gesetzgeber hat das Grundbuch nicht als ein öffentliches Register ausgestaltet, in das jedermann zu Informationszwecken Einsicht nehmen könnte. Die Rechtsposition des im Grundbuch Eingetragenen genießt grundrechtlichen Schutz. Bei Privatpersonen folgt dies aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 des Grundgesetzes). Für eine Einsicht in das Grundbuch ist ein berechtigtes Interesse erforderlich (§ 12 der Grundbuchordnung), so dass sachliche Gründe vorgetragen werden müssen, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. Nur dann muss der im Grundbuch Eingetragene hinnehmen, dass dritten Personen Einblick in die Rechts- und Vermögensverhältnisse an dem Grundstück gewährt wird.
Ausschlaggebend für die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist, dass die Berlinerin selbst in keinerlei rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zum Grundstückseigentümer steht. Die einzige sicher feststellbare Verbindung zwischen beiden liegt darin, dass der Schuldner auf dem Grundstück wohnt. Da nicht bekannt ist, ob der Grundstückseigentümer Vermieter des Schuldners ist und zudem keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner, dessen Mietkosten vom Sozialzentrum übernommen werden, werthaltige Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer hat, gibt es kein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.01.2011
Quelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein/ra-online