18.10.2024
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Sie sehen eine Häuserfassade mit einem Balkonkasten.

Dokument-Nr. 4100

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Beschluss02.10.2006Oberlandesgericht Saarbrücken5 W 154/06 - 51
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ZMR 2007, 308Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2007, Seite: 308
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Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss02.10.2006

Gemeinschaft der Wohnungs­ei­gentümer darf Haustiere nicht pauschal verbietenHaustierhaltung durch Art. 2 GG geschützt

Eine Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft darf kein generelles Haustier­hal­tungs­verbot beschließen. Das hat das Oberlan­des­gericht Saarbrücken beschlossen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Ehepaar, dessen Wohnung im obersten Stock gelegen war, einen Hund der Rasse Dobermann. Die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft hatte vor Anschaffung des Hundes per Mehrheits­be­schluss eine Hausordnung verabschiedet, in der es unter Ziffer 4 den Wohnungs­ei­gen­tümern und Mietern des Hauses verboten wird, Haustiere zu halten.

Das Oberlan­des­gericht Saarbrücken führte aus, dass der Beschluss der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft hinsichtlich des generellen Haustier­hal­tungs­verbot nichtig sei. Die Nichtigkeit ergebe sich aus § 134 BGB i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG. Nach § 13 Abs. 1 WEG könne jeder Wohnungs­ei­gentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstünden, mit seinen im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren.

Der zulässige Gebrauch finde seine Grenzen gemäß § 14 Nr. 1 WEG erst dort, wo die anderen Miteigentümer in ihrer Nutzung von Sonder- oder Gemein­schafts­ei­gentum mehr als in unvermeidlichem Umfang beeinträchtigt werden. Der Wohnungs­ei­gentümer sei danach verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen lediglich in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungs­ei­gentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachse.

Zu den herkömmlichen sozio­kul­tu­rellen Vorstellungen im Geltungsbereich des WEG gehöre die Haustierhaltung jedenfalls dann, wenn mit ihr keinerlei Nachteile für die anderen Wohnungs­ei­gentümer verbunden sei. Damit gehöre sie zum Wesensgehalt des Sondereigentums, das auch unter dem die Auslegung der zivil­recht­lichen Vorschriften beeinflussenden Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG stehe. Sie gehöre ferner zu der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit, weshalb ein absolutes Verbot jeglicher Haustierhaltung durch Wohnungs­ei­gentümer ausgeschlossen sei.

Ein generelles Tierhal­tungs­verbot sei vor diesem Hintergrund zugleich unver­hält­nismäßig, weil es auch Tiere umfasse, von denen keinerlei Beein­träch­tigung oder Gefährdungen zu befürchten seien, weil sie den Bereich des Sondereigentums schon nicht verlassen und von ihnen weder Geräusch- noch Geruchs­be­läs­ti­gungen ausgehen können (Zierfische, Kanarienvögel, Schildkröten). Ein solches Verbot sei auch deshalb unver­hält­nismäßig, weil andere Mittel der Hausordnung zur Verfügung stünden, um Belästigungen jedenfalls zu mindern, beispielsweise eine art- oder zahlenmäßige Einschränkung der Haustierhaltung. Ein unter­schiedsloses Verbot sei daher materiell rechtswidrig (§ 134 BGB, §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 2 WEG) und damit nichtig.

Quelle: ra-online

der Leitsatz

Ein generelles Haustier­hal­tungs­verbot ist einem Mehrheits­be­schluss der Wohnungs­ei­gentümer nicht zugänglich.

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