21.11.2024
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Dokument-Nr. 27725

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Urteil30.06.2017Oberlandesgericht Saarbrücken5 U 16/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2017, 439Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2017, Seite: 439
  • ITRB 2017, 206Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2017, Seite: 206
  • MDR 2017, 1122Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2017, Seite: 1122
  • MMR 2018, 561Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2018, Seite: 561
  • NJW-RR 2018, 111Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2018, Seite: 111
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Vorinstanz:
  • Landgericht Saarbrücken, Urteil03.03.2016, 4 O 164/15
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil30.06.2017

Keine Persönlich­keits­verletzung durch identi­fi­zierende Berich­t­er­stattung durch Wiedergabe eines Hass-Kommentars auf FacebookInformations­interesse der Öffentlichkeit überwiegt Persönlich­keits­recht des Betroffenen

Wird im Rahmen einer Presse­bericht­erstattung ein Hass-Kommentar, welcher auf Facebook gepostet wurde, wörtlich wiedergegeben, so liegt darin keine Verletzung des allgemeinen Persönlich­keits­rechts, auch wenn der Verfasser des Posts namentlich genannt wird. Das Informations­interesse der Öffentlichkeit überwiegt das Persönlich­keits­recht des Betroffenen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Saarbrücken entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Zuge der Berich­t­er­stattung über einen Rechts­po­pu­listen veröffentlichte die Betreiberin einer Pressewebseite im Juli 2014 den Kommentar eines Facebook-Nutzers auf der Seite des Rechts­po­pu­listen. Darin äußerte der Nutzer, dass er "nichts dagegen hätte, diesen Genderlesben 8x9 mm in das dumme Gehirn zu jagen". Die Websei­ten­be­treiberin gab bei der Berich­t­er­stattung den Namen des Facebook-Nutzers an, ein Unter­neh­mens­berater aus Saarbrücken. Dieser war mit der Veröf­fent­lichung nicht einverstanden. Er führte an, dass er nicht Autor des Kommentars unter seinem Namen sei. Er erhob daher gegen die Websei­ten­be­treiberin Klage auf Unterlassung. Zudem verlangte er Schadensersatz, weil sein Ruf als Unter­neh­mens­berater unter der Berich­t­er­stattung gelitten habe.

Landgericht gibt Klage auf Unterlassung und Schadensersatz statt

Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage auf Unterlassung und Zahlung von Schadensersatz statt. Es führte an, dass die Beklagte nicht die Urheberschaft des Klägers habe nachweisen können und somit eine unwahre Tatsa­chen­be­hauptung vorgelegen habe. Zudem hätte die Beklagte nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung Recherchen zur der Urheberschaft des Verfassers des Kommentars anstellen müssen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Beklagten.

Oberlan­des­gericht verneint Unterlassungs- und Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Oberlan­des­gericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der Beklagten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger stehen weder der Unterlassungs- noch der Schaden­s­er­satz­an­spruch zu. Er sei durch die Berich­t­er­stattung nicht in seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletzt worden. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege das Persön­lich­keitsrecht des Klägers. Der Beklagten könne auch keine unwahre Berich­t­er­stattung oder eine unzureichende Recherche vorgeworfen werden.

Keine Anwendung der Grundsätze zur Verdachts­be­rich­t­er­stattung

Die Grundsätze zur Verdachts­be­rich­t­er­stattung seien nicht einschlägig, so das Oberlan­des­gericht. Die Beklagte habe nicht über einen Verdacht berichtet. Vielmehr sei über den unstreitigen Facebook-Post berichtet worden. Es habe kein Verdacht im Raum gestanden, bezüglich dessen die Gefahr einer Falsch­be­rich­t­er­stattung bestanden habe. Der Beklagten habe nicht oblegen, Recherchen zur Identität des Verfassers anzustellen. Für sie habe es keine Veranlassung gegeben daran zu zweifeln, dass sich über den Facebook-Account auch tatsächlich die berechtigte Person geäußert hat. Vielmehr sei von der Urheberschaft des Klägers auszugehen.

Keine Pflicht zur anonymisierten Berich­t­er­stattung

Die Beklagte habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts auch nicht anonymisiert über den Facebook-Post berichten müssen. Es gehöre nämlich zu den Aufgaben der Presse Verfehlungen auch konkreter Personen aufzuzeigen. Sie dürfe dabei nicht auf eine anonymisierte Berich­t­er­stattung verwiesen werden. Die personalisierte Darstellung sei zulässiges Mittel, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Missstand von Hassbotschaften im Internet zu lenken. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst aus freien Stücken durch das Absetzen des Kommentars auf der Facebook-Seite des Rechts­po­pu­listen in die Öffentlichkeit gegangen ist. Der Kläger sei daher nur in seiner Sozialsphäre betroffen.

Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)

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